2. Europäische Eignungsprüfung (EEP)
In D 17/96, D 2/97, D 2/99, D 3/99 hat die Beschwerdekammer darauf hingewiesen, dass eine frist- und formgerecht vorgebrachte Beschwerde gemäß Rdn. 7 der damals geltenden Anweisungen an die Bewerber für den Ablauf der Prüfung (ABl. 1995, 145; s. jetzt ABl. 2022, A20) und Rdn. 7 der früheren Anweisungen an die Aufsichtspersonen (ABl. 1995, 153; s. jetzt R. 19 (3) ABVEP) von der Prüfungs-kommission zu behandeln sei. Hierbei ist es die Pflicht der Prüfungskommission, dem Beschwerdeführer ihre vorläufige Meinung mitzuteilen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Kommt die Prüfungskommission dieser Verpflichtung nicht nach, so verletzt sie allgemein anerkannte Grundsätze des Verfahrensrechts (Art. 125 EPÜ), insbesondere den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 113 (1) EPÜ).
Nach D 3/04 ließ die angefochtene Entscheidung nicht erkennen, dass das Prüfungssekretariat die Beschwerde des Beschwerdeführers über unangemessene Bedingungen während der Prüfung berücksichtigt hatte. Nach Ansicht der Kammer sollte die Prüfungskommission kurz begründen, warum ihrer Meinung nach die Umstände, auf die sich eine Beschwerde stützt, nicht die Vergabe zusätzlicher Punkte rechtfertigen. S. jetzt R. 19 (4) ABVEP.
In der Sache D 3/10 brachte der Beschwerdeführer eine Beanstandung wegen Störungen während der Prüfung erst mit der Beschwerde vor. Die Kammer hielt eine Bewertung der angeblichen Störungen im Rahmen einer Beschwerde ohne vorangehende Entscheidung der Prüfungskommission für nicht zulässig. Durch die Unterlassung eines Vorbringens gemäß R. 19 (3) ABVEP gleich nach der Prüfung entzog er der Prüfungskommission die Möglichkeit, die genauen Umstände festzustellen und darauf zu reagieren, ggf. mit einer Entscheidung (s. R. 19 (4) ABVEP) oder die vorgebrachten Tatsachen in der Entscheidung über das Prüfungsergebnis gemäß Art. 6 (5) VEP zu behandeln (s. oben D 3/04).
Der in D 3/10 eingenommene Standpunkt wurde in D 11/19 bekräftigt. Die Kammer prüfte jedoch darüber hinaus, ob R. 19 (3) ABVEP für den vorliegenden Fall relevant war. Es ging um die besonderen Bedingungen eines Pilotprojekts, bei dem 15 nach dem Zufallsprinzip ausgewählte EEP-Bewerber (zu denen der Beschwerdeführer nicht zählte) während der Prüfung auch einen Laptop mit einem Text-Editor verwenden durften. Die Kammer befand, dass das Pilotprojekt – da es räumlich getrennt durchgeführt wurde – nicht die Durchführung der Prüfung nach dem regulären Verfahren beeinträchtigte und für die übrigen Bewerber nicht feststellbar war. Daher kam die R. 19 (3) ABVEP vorliegend nicht zum Tragen. Im Übrigen erlangte der Beschwerdeführer erst nachträglich vom Pilotversuch Kenntnis, weshalb ein Vorbringen zu einem früheren Zeitpunkt als mit seiner Beschwerde gar nicht möglich und nach Treu und Glauben auch nicht zu erwarten war. Im Rahmen des Abhilfeverfahrens (Art. 24 (3) VEP) hätte die Prüfungskommission die Möglichkeit und die Pflicht gehabt, ihre Entscheidung über das Prüfungsergebnis im Lichte des Vorbringens des Beschwerdeführers zu prüfen.