2.6. Versand einer weiteren Mitteilung in Anbetracht von Artikel 113 (1) EPÜ
Hat ein Anmelder einen ernsthaften Versuch unternommen, die von der Prüfungsabteilung erhobenen Einwände auszuräumen, so kann es aufgrund von Art. 113 (1) EPÜ erforderlich sein, dass dieser Versuch unter Berücksichtigung der geänderten Ansprüche und der wesentlichen Ausführungen des Anmelders bestätigt wird (T 734/91, T 582/93).
In T 734/91 hatte der Anmelder als Reaktion auf eine Mitteilung der Prüfungsabteilung einen neuen Anspruchssatz eingereicht, in dem der Gegenstand von Anspruch 1 in Anbetracht des von der Prüfungsabteilung erhobenen Einwands mangelnder Neuheit erheblich geändert worden war. Die Bemühungen des Beschwerdeführers wurden daher als ernsthafter Versuch gewertet, diese Einwände auszuräumen. Auf Anspruch 1 in der geänderten Fassung wurde nicht in der Mitteilung der Prüfungsabteilung, sondern erst in der angefochtenen Entscheidung eingegangen. Damit hatte der Beschwerdeführer keine Gelegenheit erhalten, sich zu den Gründen für die Zurückweisung des geänderten Anspruchs 1 zu äußern. Die Kammer stellte fest, dass die Prüfungsabteilung dem Anmelder die Gründe mitteilen muss, die gegen die Patenterteilung sprechen, bevor sie eine Anmeldung zurückweist. Hierbei muss sie von ihrem Ermessen Gebrauch machen, zu entscheiden, wann es ihres Erachtens erforderlich und zweckmäßig ist, den Anmelder zur Stellungnahme aufzufordern. Das Ermessen ist objektiv nach Lage des Einzelfalls auszuüben (T 162/82, ABl. 1987, 533). Das bedeutet nicht, dass dem Anmelder wiederholt Gelegenheit zu geben ist, sich zu denselben Einwänden zu äußern (T 161/82, ABl. 1984, 551; T 42/84, ABl. 1988, 251; T 243/89). Falls der Anmelder einen ernsthaften Versuch unternommen hat, die von der Prüfungsabteilung erhobenen Einwände auszuräumen, kann es aufgrund von Art. 113 (1) EPÜ 1973 erforderlich sein, dass dieser Versuch unter Berücksichtigung der geänderten Ansprüche und der wesentlichen Ausführungen des Anmelders bestätigt wird. S. auch T 998/05.
In T 763/04 urteilte die Kammer, dass der Beschwerdeführer, der in gutem Glauben versucht hatte, sich zu dem einzigen Einwand zu äußern, von der Prüfungsabteilung zu Recht erwarten konnte, ihm in Ausübung des ihr nach Art. 96 (2) EPÜ 1973 zustehenden Ermessens aus Gründen der Billigkeit mindestens eine weitere Gelegenheit zu geben, sich zu dem Einwand zu äußern. Nach Auffassung der Kammer stellte die Zurückweisung der Anmeldung nach der dritten Mitteilung, bei der es sich um die erste R. 51 (3) EPÜ 1973 entsprechende Mitteilung zum Grund fehlender Neuheit handelte, ohne Erlass einer weiteren Mitteilung einen Verstoß gegen den in Verfahren vor dem EPA geltenden allgemeinen Grundsatz des Vertrauensschutzes und des fairen Verfahrens dar.
In T 92/96 stellte die Kammer fest, dass der Anmelder nach Erhalt eines ordnungsgemäß begründeten Bescheids der Prüfungsabteilung Gelegenheit hatte, sich zu den darin vorgebrachten Einwänden zu äußern, aber lediglich die Aufnahme einer kleineren Berichtigung in den Anspruch vorschlug. Die Prüfungsabteilung beschloss nach Erhalt des Schreibens des Anmelders die Anmeldung zurückzuweisen, da der Anmelder sich nicht ernsthaft um die Ausräumung der Einwände bemüht hatte. Nach Auffassung der Kammer wurde der Anmelder also nicht überrumpelt. Damit lag seitens der Prüfungsabteilung insbesondere im Hinblick auf Art. 113 (1) EPÜ 1973 kein Verfahrensmangel vor.