3.6.2 Anforderungen an einen wirksamen Einwand
Die Erhebung eines Einwands nach R. 106 EPÜ ist eine Verfahrenshandlung und Voraussetzung für den Zugang zum außerordentlichen Rechtsbehelf des Art. 112a EPÜ (R 4/08, R 7/08, R 3/11, R 7/11, R 16/12). Der Einwand muss von dem Beteiligten so formuliert werden, dass die Beschwerdekammer unmittelbar und zweifelsfrei erkennen kann, dass es sich um einen Einwand nach R. 106 EPÜ handelt. Er muss auch spezifisch sein und klar und eindeutig angeben, welcher Verfahrensmangel geltend gemacht werden soll (s. R 4/08, R 7/08, R 8/08, R 1/10, R 17/10, R 7/11, R 5/12, R 6/12, R 16/12: ständige Rechtsprechung, R 3/14, R 8/16).
Ein Einwand nach R. 106 EPÜ erfolgt zusätzlich zu anderem Vorbringen, das sich etwa gegen die Verfahrensführung oder gegen einzelne prozessuale Feststellungen wendet oder diese gar rügt, und ist von diesem zu unterscheiden (R 2/08, R 7/08, R 9/09, R 1/10, R 14/11, R 21/11, R 16/12). Ein Einwand muss ausdrücklich als solcher gekennzeichnet werden (R 8/08, R 21/11, R 7/18). Jedoch kann ein Einwand auch ohne ausdrücklichen Verweis auf R. 106 EPÜ einen qualifizierten Einwand nach R. 106 EPÜ darstellen (R 21/09; s. auch R 17/14, R 12/14).
In R 18/12 stellte die Große Beschwerdekammer fest, dass ein Einwand nur dann als Einwand im Sinne von R. 106 EPÜ betrachtet werden kann, wenn damit ein Verfahrensmangel beanstandet wird, der Gegenstand eines Überprüfungsantrags nach Art. 112a (2) a) bis d) EPÜ sein kann. Im vorliegenden Fall hielt die Große Beschwerdekammer fest, dass ein Einwand, der sich im Wesentlichen gegen die Feststellungen der Kammer zur Klarheit richtet, nicht als derartiger Einwand anzusehen ist, selbst wenn der Antragsteller sich ausdrücklich auf Art. 113 EPÜ bezieht.
In R 8/18 stellte die Große Beschwerdekammer fest, dass weder im Überprüfungsantrag noch im Antrag auf Berichtigung der Niederschrift, noch in den Erklärungen der Vertreter irgendwo die Rede davon war, dass der Antragsteller im Zusammenhang mit der Ablehnung der Unterbrechung auf Art. 113 EPÜ oder auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs verwiesen hat; andernfalls hätte die Große Beschwerdekammer den Einwand unter Umständen als Verweis auf Art. 112a (2) c) EPÜ erkannt. Die Große Beschwerdekammer kam daher zu dem Schluss, dass des Antragstellers eigenes ursprüngliches Vorbringen nicht nahelegte, geschweige denn bewies, dass ein erkennbarer Einwand im Sinne der R. 106 EPÜ erhoben worden war.
- R 6/22
Catchword:
In a situation such as the present case - where the board does not react in a recognisable and explicit manner to an intended objection under Rule 106 EPC - a diligent party should normally insist on a discernible response from the board. Failure to do so will leave the party with an indication that weighs against its case (Reasons 16).