B. Einheitlichkeit der Erfindung
Gemäß Art. 82 EPÜ darf die europäische Patentanmeldung nur eine einzige Erfindung enthalten oder eine Gruppe von Erfindungen, die untereinander in der Weise verbunden sind, dass sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen. R. 44 (1) EPÜ (R. 30 EPÜ 1973) enthält eine Auslegung des Begriffs der Einheitlichkeit der Erfindung für den Fall, dass mehrere Erfindungen beansprucht werden. Für internationale Anmeldungen sind die entsprechenden Rechtsvorschriften über die Einheitlichkeit der Erfindung in Art. 3 (4) iii) PCT und insbesondere R. 13 PCT enthalten.
Wie in T 501/91 ausgeführt, soll Art. 82 EPÜ in erster Linie verhindern, dass mehrere Erfindungen, die nichts miteinander zu tun haben, in einer einzigen Patentanmeldung behandelt werden, um Gebühren zu sparen. Außerdem dient er der richtigen Klassifikation beanspruchter und erteilter Schutzrechte. Ferner ist es für einen rationellen Ablauf des Prüfungsverfahrens notwendig, dass Verschiedenartiges nicht in einer einzigen Patentanmeldung zusammengefasst wird. Andererseits soll aber Zusammengehöriges nicht unnötig zerstückelt werden (vgl. T 110/82, ABl. 1983, 274).
Verfahrensrechtliche Aspekte der Einheitlichkeitsprüfung einschließlich der Zahlung weiterer Recherchengebühren sind in den R. 64 und 164 EPÜ geregelt (vgl. auch Art. 17 (3) a) PCT und R. 40 PCT für die ISA sowie Art. 34 (3) a) PCT und R. 68 PCT für die IPEA).
Die Entscheidung über einen Widerspruch nach dem PCT gegen die Zahlung zusätzlicher Gebühren, die aufgrund eines Einwands der Nichteinheitlichkeit des EPA in seiner Eigenschaft als ISA (Regel 40 PCT) oder als IPEA (R. 68 PCT) entrichtet wurden, wurde früher von den Beschwerdekammern getroffen (Art. 154 (3) und 155 (3) EPÜ 1973), obliegt mittlerweile aber den Überprüfungsstellen des EPA (R. 158 (3) EPÜ, Beschluss des Präsidenten des EPA, ABl. 2015, A59; zum Übergangsverfahren s. Mitteilung vom 1. März 2005, ABl. 2005, 226). Die Zuständigkeit der Kammern für die Überprüfung der Einheitlichkeit bei europäischen Anmeldungen bleibt unberührt. Aufgrund der Harmonisierung der Definitionen der Einheitlichkeit der Erfindung in R. 13 PCT und in Art. 82 und R. 44 EPÜ sind die für die Einheitlichkeit geltenden Kriterien in beiden Systemen identisch. Daher sind die Kammerentscheidungen, die im Hinblick auf die früheren PCT-Widerspruchsverfahren erlassen wurden ("W-Entscheidungen"), für die Prüfung der Einheitlichkeit von europäischen Anmeldungen nach wie vor relevant, weswegen zahlreiche dieser Entscheidungen in diesem Kapitel Berücksichtigung finden.
Die Prüfungsrichtlinien des EPA (Stand März 2022) befassen sich mit der Einheitlichkeit der Erfindung im Recherchenstadium in Teil B‑VII, mit Einheitlichkeit als verfahrensrechtlichem Aspekt der Sachprüfung in Teil C‑III, 3 und mit Einheitlichkeit als von einer europäischen Anmeldung zu erfüllender Voraussetzung in Teil F-V. Zu internationalen Anmeldungen s. insbesondere Kapitel RL/ISPE 10 der PCT-Richtlinien für die internationale Recherche und die internationale vorläufige Prüfung in der seit 1.3.2022 geltenden Fassung, und die Richtlinien für die Recherche und Prüfung im EPA als PCT-Behörde, B‑VII, C‑V und F‑V – Stand März 2022.