2.4. Änderungen nach Regel 137 (3) EPÜ
Daher wird die Prüfungsabteilung die Anträge zunächst prüfen, bevor sie über ihre Zulässigkeit entscheidet. Die bloße Tatsache, dass Anträge verspätet eingereicht werden, stellt für sich genommen noch keinen Ablehnungsgrund dar. Bei der Ausübung ihres Ermessens nach R. 137 (3) EPÜ (siehe G 7/93) muss die Prüfungsabteilung darauf achten, ob der Anmelder gute Gründe für die verspätete Einreichung des Antrags hat (Richtlinien H‑II, 2.7 – Stand März 2022).
Auf die Ausübung des Ermessens nach R. 137 (3) EPÜ bei der Behandlung von Anträgen, die ohne triftigen Grund nach dem gemäß R. 116 (2) EPÜ bestimmten Zeitpunkt eingereicht werden, wendet die Prüfungsabteilung den Grundsatz der "eindeutigen Gewährbarkeit" an (Richtlinien H‑II, 2.7.1 – Stand März 2022; s. auch T 153/85, ABl. 1988, 1).
In T 102/15 befand die Kammer, dass die Begründung der Prüfungsabteilung, dass die damaligen Hilfsanträge 6 bis 8 nicht in das Verfahren zugelassen würden, da sie prima facie nicht die Einwände bzgl. mangelnder erfinderischer Tätigkeit und Erweiterung über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen ausräumten, Ausdruck dafür war, dass die Prüfungsabteilung den in den Richtlinien genannten Vorgaben folgte und zu dem Schluss kam, dass diese Anträge bereits an der ersten Hürde der Zulässigkeitsprüfung scheiterten. Die Hilfsanträge 6 bis 8 wurden am Vortag der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung eingereicht, d. h. nach dem in der Ladung zur mündlichen Verhandlung unter R. 116 EPÜ festgesetzten Zeitpunkt. Die Prüfungsabteilung habe ihr Ermessen unter R. 137 (3) EPÜ nach Maßgabe der richtigen Kriterien, nämlich unter Berücksichtigung des Grundsatzes der "eindeutigen Gewährbarkeit" und außerdem in angemessener Weise ausgeübt. Die Kammer sah auch keinen Grund, ihr eigenes Ermessen unter Art. 12 (4) VOBK 2007 anders auszuüben.