3. Zulässigkeit der Anträge
In T 506/91 vertrat die Kammer die Auffassung, dass letztendlich nur der betreffende Beteiligte Anträge einreichen und darüber entscheiden kann, ob mehrere Hilfsanträge angemessen sind oder nicht; für Vertreter sollte es Routine sein, unabhängig zu entscheiden, wie in einer Sache weiter vorzugehen ist und welche Anträge einzureichen sind.
In T 382/96 hob die Kammer hervor, dass ein Grundprinzip des europäischen Patentrechts sei, dass der Anmelder – im Einspruchsverfahren der Patentinhaber – die Verantwortung für die Festlegung des Patentgegenstands trägt. Diese Verantwortung kann der Anmelder (Patentinhaber) nicht durch die Vorlage einer Unzahl von Anträgen, noch weniger von nicht ausformulierten Antragsvarianten de facto auf das EPA und gegebenenfalls andere Verfahrensbeteiligte abwälzen. Es handelt sich bei einer derartigen Vorgangsweise um einen Verfahrensmissbrauch, weil damit das EPA und gegebenenfalls andere Verfahrensbeteiligte unverhältnismäßig mit sie nicht originär betreffenden Aufgaben belastet werden und ein ordnungsgemäßer prozessualer Ablauf somit behindert ist. Hilfsanträge, die sprachlich nicht konkretisiert wurden, sind im Sinne von R. 64 b) EPÜ 1973 (jetzt R. 99 (2) EPÜ) nicht zulässig, weil sie den Umfang nicht angeben, in dem die Änderung/Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt wird; dasselbe trifft auf Hilfsanträge zu, die nicht begründet (substantiiert) wurden im Sinne von Art. 108 Satz 3 EPÜ 1973.
In T 446/00 waren unzählige Anträge sowie das Angebot eingereicht worden, die Ansprüche weiter zu ändern, wenn die Kammer dies wünsche; die Kammer war der Auffassung, dass ein Beteiligter seine Verantwortung für das Vorbringen seiner Sache nicht auf diese Weise auf die Kammer abwälzen kann und dass solche Anträge unzulässig sind und einen Verfahrensmissbrauch darstellen.
In T 745/03 wies die Kammer darauf hin, dass es Sache eines Beteiligten ist, zu entscheiden, wie er seinen Fall darlegen will. Ein Beteiligter, der mehrere Anspruchssätze einreicht, ordnet sie gewöhnlich in der Reihenfolge seiner Präferenz an, wobei die am weitesten gefassten Ansprüche den Hauptantrag bilden und die eingeschränkteren Fassungen Hilfsanträge, sodass bei Scheitern eines im Rang vorgehenden Antrags immer noch Aussicht besteht, dass ein nachrangiger, beschränkterer Antrag Erfolg hat. Im vorliegenden Fall hätte die hieraus entwickelte Vorgehensweise treffender als "buntes Zusammenwürfeln" bezeichnet werden können, da unabhängige Ansprüche, die in rangmäßig vorgehenden Anträgen enthalten waren, sich in unterschiedlichen Kombinationen in nachrangigen Anträgen wiederfanden. Dieses "bunte Zusammenwürfeln" kann den Eindruck erwecken, dass einfach nach irgendetwas patentierbarem gesucht wird, es bedeutet aber auch, dass manche unabhängigen Ansprüche nicht einmal Gegenstand einer Entscheidung sind. S. auch T 221/06.
In R 11/08 bestätigte die Große Beschwerdekammer, dass die Vorgehensweise eines "bunten Zusammenwürfelns" mehrere Risiken bergen könne: Entscheidung auf Unzulässigkeit der Anträge, Verfahrensmissbrauch und Nachteile für den betreffenden Beteiligten.
In T 1138/12 entschied die Kammer, dass der Hilfsantrag, das Patent im Umfang derjenigen Patentansprüche eines Anspruchssatzes aufrechtzuerhalten, die von der Kammer als gewährbar angesehen werden, inhaltlich nicht hinreichend bestimmt und daher nicht ins Verfahren zuzulassen sei.