2. Zulässige Beweismittel
In diesem Zusammenhang ist klar zwischen der Zulässigkeit von Beweismitteln und ihrer Beweiskraft zu unterscheiden: Bei der Zulässigkeit geht es darum, ob ein Beweismittel überhaupt in Betracht zu ziehen ist, bei der Beweiskraft hingegen darum, ob das zu berücksichtigende Beweismittel die behaupteten Tatsachen hinreichend beweist (s. unter anderem T 1698/08 ein Dokument betreffend sowie T 1363/14 und T 838/92 zum Thema Zeugen).
Die angebliche Befangenheit eines Zeugen macht seine Vernehmung an sich noch nicht unzulässig, sondern ist vielmehr im Rahmen der Beweiswürdigung zu prüfen (T 838/92). Das Prinzip der freien Beweiswürdigung ist erst nach Erhebung der Beweismittel anwendbar und kann nicht zur Rechtfertigung verwendet werden, angebotene Beweise nicht zu erheben (T 2238/15).
Die Beweiswürdigung ist Teil der Prüfung der sachlichen Begründetheit des Einspruchs (T 234/86; ähnlich auch T 353/06, T 1194/07). Keine Vorschrift des EPÜ verlangt, dass das zu einer behaupteten Vorbenutzung gemachte Vorbringen innerhalb der Einspruchsfrist bereits bewiesen sein muss, damit die Vorbenutzung substantiiert wird. (T 1363/14, T 2238/15).
In T 885/02 stellte die Kammer fest, dass das Gutachten eines Sachverständigen aus verschiedenen Gründen nicht unbedingt die Sichtweise des Fachmanns wiedergibt. Diese Sachverständigen, bei denen es sich im betreffenden Fall um hervorragende Wissenschaftler handelte, verfügen über eigene Erfahrungen, die nicht zwangsläufig mit dem allgemeinen Fachwissen identisch sind. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die entsprechenden Erklärungen keine Beachtung finden sollten.
In T 1551/14 reichte der Patentinhaber nach der ersten mündlichen Verhandlung einen neuen Hilfsantrag ein, in dem der Gegenstand der beiden unabhängigen Ansprüche durch ein neues Merkmal eingeschränkt wurde. Nach Ladung zur zweiten mündlichen Verhandlung reichte der Einsprechende innerhalb des nach R. 116 EPÜ festgesetzten Zeitraums eine eidesstattliche Erklärung eines der bereits vernommenen Zeugen ein und bot eine ergänzende Zeugeneinvernahme an. Die Kammer stellte u. a. fest, dass Widersprüche zum bisherigen Vortrag – sogar wenn diese vorlägen, was die Kammer verneinte – nicht rechtfertigen könnten, die Zulassung eines Vortrags, der eine legitime Reaktion auf eine Änderung des Vortrags der Gegenpartei darstellt, von vornherein zu verweigern.