9.3. Besondere Gründe für eine Zurückverweisung
Dieser Abschnitt wurde aktualisiert, um die Rechtsprechung und Gesetzänderungen bis 31. Dezember 2023 zu berücksichtigen. Die vorherige Version dieses Abschnitts finden Sie in "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", 10. Auflage (PDF). |
Gemäß Art. 11 VOBK 2020 ist eine Angelegenheit nur dann an das Organ zurückzuverweisen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wenn besondere Gründe dafür sprechen.
Ob "besondere Gründe" vorliegen, ist von Fall zu Fall zu entscheiden. Wenn die Kammer alle Fragen mit angemessenem Aufwand entscheiden kann, sollte sie die Angelegenheit in der Regel nicht zurückverweisen (s. Erläuterungen zu Art. 11 VOBK 2020, Zusatzpublikation 2, ABl. 2020).
In T 1531/16 führte die Kammer aus, dass nach dem in der revidierten Fassung von Art. 11 Satz 1 VOBK 2020 zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Willen eine Zurückverweisung nur bei Vorliegen besonderer Gründe, mithin ausnahmsweise, erfolgen sollte (s. auch T 3247/19).
Bei der Entscheidung über die Zurückverweisung müssen die Beschwerdekammern feststellen, ob besondere Gründe im Sinne von Art. 11 VOBK 2020 vorliegen. Zu diesem Zweck prüfen die Kammern, ob während des erstinstanzlichen Verfahrens eine umfassende Beurteilung des Falls durchgeführt wurde (s. Kapitel V.A.9.3.2), ob die Ansprüche grundlegend geändert wurden (s. Kapitel V.A.9.3.5), ob die Recherche vollständig war (s. Kapitel V.A.9.3.6) und ob im erstinstanzlichen Verfahren wesentliche Mängel vorlagen (s. Kapitel V.A.9.4.). Daneben werden auch weitere Kriterien berücksichtigt, wie etwa die Verfahrensökonomie, die Verfahrensdauer, die Fairness des Verfahrens und ob die Beteiligten die Zurückverweisung beantragt haben. Welche Bedeutung den einzelnen Erwägungen zukommt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
Dass besondere Gründe für die Zurückverweisung einer Angelegenheit vorliegen, stellen die Kammern im Wesentlichen meist dann fest, wenn sie ansonsten über wesentliche Sachfragen erstmals entscheiden müssten oder auf andere Weise in einem zu großen Ausmaß erstinstanzlich tätig werden müssten, um den Fall abzuschließen (s. z. B. T 1966/16).