2. Stand der Technik
Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern (s. T 654/92, T 691/94, T 87/01, T 730/05, T 1449/05, T 211/06) kann der in einer Anmeldung für die Formulierung der technischen Aufgabe angeführte und anerkannte Stand der Technik zum Ausgangspunkt für die Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit gemacht werden (T 628/07).
In T 654/92 entschied die Kammer, dass der Begriff "background art" in der englischen Fassung der R. 27 (1) b) EPÜ 1973 dahingehend zu verstehen ist, dass er sich auf den Stand der Technik im Sinne von Art. 54 (2) EPÜ 1973 bezieht. Die Praxis, von einem dem Anmelder bekannten Stand der Technik auszugehen, der der Öffentlichkeit am beanspruchten Prioritätstag nicht zugänglich war, stehe mit den Erfordernissen des EPÜ nicht im Einklang. Ein solcher Stand der Technik sei bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit außer Betracht zu lassen.
In der Frage, ob ein Anmelder seine Angaben zum bisherigen Stand der Technik implizit oder explizit zurücknehmen darf, haben einige Kammern die Auffassung vertreten, dass von diesem als Stand der Technik ausgegangen werden kann, sofern davon nicht abgerückt wird und er auch nicht aus anderen Gründen eindeutig nicht als Stand der Technik anzusehen ist (s. T 654/92, T 691/94, T 730/05, T 1449/05, T 1554/05, T 211/06 und T 413/08).
In T 413/08 stellte die Kammer fest, dass die Angaben eines Patentinhabers zum Stand der Technik ohne Weiteres akzeptiert werden können, sofern keine gegenteiligen Hinweise vorliegen. Nimmt ein Patentinhaber Angaben zum Stand der Technik zu einem Zeitpunkt zurück, der keine Verfahrensprobleme verursacht, kann auf diese Angaben nicht mehr Bezug genommen werden.