7.3.3 Rechtsprechung zu mündlichen Verhandlungen, die nach Ende der Pandemiemaßnahmen vor den Beschwerdekammern durchgeführt wurden
Dieser Abschnitt wurde aktualisiert, um die Rechtsprechung und Gesetzänderungen bis 31. Dezember 2023 zu berücksichtigen. Die vorherige Version dieses Abschnitts finden Sie in "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", 10. Auflage (PDF). |
i) Mündliche Verhandlung als Videokonferenz ohne Einverständnis eines Beteiligten
In der Sache T 618/21 entschied die Kammer, die mündliche Verhandlung im März 2023 in Form einer Videokonferenz ohne die Zustimmung des Beschwerdeführers abzuhalten. Die Kammer nannte unter anderem folgende Punkte, die aus dem Wortlaut des Art. 15a (1) VOBK 2020 deutlich werden: a) Die Entscheidung, die Verhandlung als Videokonferenz durchzuführen, obliege der Kammer und sie könne auch gegen den Willen der Parteien gefällt werden. b) Das eingeräumte Ermessen sei orientiert an Zweckdienlichkeitsüberlegungen auszuüben. c) Insbesondere aber enthalte die Regelung keinen Hinweis darauf, dass sie ausschließlich im Fall des Vorliegens eines allgemeinen Notfalls anzuwenden sei.
Ferner befand die Kammer, dass eine Videokonferenz sowohl im Regelfall als auch im vorliegenden Fall eine annähernd gleichwertige Alternative zu einer Präsenzverhandlung darstelle. Der Kammer zufolge habe Art. 15a VOBK 2020 die zum Vorlagezeitpunkt von G 1/21 date: 2021-07-16 bestehende Regelungslücke geschlossen und müsse als Nachfolgeregelung von G 1/21 date: 2021-07-16 angesehen werden. Art. 15a VOBK 2020 regele nunmehr auch Situationen ohne Notlage, die bewusst von der Großen Beschwerdekammer in G 1/21 date: 2021-07-16 ausgespart worden seien. Gleichzeitig könnten die Schlussfolgerungen aus G 1/21 date: 2021-07-16 nicht mehr uneingeschränkt auf die Gegenwart angewandt werden, da die Eingangsvoraussetzung der Entscheidung G 1/21 date: 2021-07-16 (und zwar der Qualitätsunterschied zwischen Videokonferenz und Präsenzverhandlung) nicht mehr gegeben sei.