5. Nichterscheinen in mündlicher Verhandlung
In T 653/91 entschied die Beschwerdekammer, dass, wenn ein Beteiligter an einer mündlichen Verhandlung, zu der die Ladung bereits ergangen ist, nicht teilzunehmen beabsichtigt, sowohl die Kammer (über ihren Geschäftsstellenbeamten) als auch alle anderen Verfahrensbeteiligten so früh wie möglich vor dem anberaumten Termin schriftlich hiervon in Kenntnis gesetzt werden sollten. Eine telefonische Benachrichtigung ist in solchen Fällen, insbesondere im mehrseitigen Verfahren, nicht angebracht, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor. S. auch T 692/00.
In T 692/00 war die Kammer der Auffassung, dass es einem Verfahrensmissbrauch gleichkommt, wenn der Beschwerdeführer (Patentinhaber) kurz vor dem für die mündliche Verhandlung anberaumten Tag ankündigt, dass er möglicherweise zur mündlichen Verhandlung erscheinen wird, möglicherweise aber auch nicht.
In T 69/07 hatte der Beschwerdegegner eine mündliche Verhandlung beantragt, erschien aber nicht zur anberaumten Zeit zur mündlichen Verhandlung. Die Kammer stellte fest, dass nach Art. 6 der Standesregeln des epi, dem der Vertreter zwingend angeschlossen ist, die Mitglieder im Verkehr mit dem EPA höflich handeln sollen. Der Vertreter des Beschwerdegegners hatte genug Zeit, die Kammer über seine Absicht zu informieren, der mündlichen Verhandlung fernzubleiben. So hätte vermieden werden können, dass der andere Beteiligte und die Kammer zunächst höflich auf den Vertreter warteten, falls dieser sich unbeabsichtigt verspätet haben sollte, und der Geschäftsstellenbeamte der Kammer sich dann erkundigen musste, ob beabsichtigt sei, dass der Vertreter an der mündlichen Verhandlung teilnimmt. S. auch T 954/93, T 1760/09, T 1939/10.
In T 930/92 (ABl. 1996, 191) machte die Kammer deutlich, dass ein zur mündlichen Verhandlung geladener Beteiligter aus Gründen der Billigkeit verpflichtet ist, das EPA unverzüglich zu benachrichtigen, wenn er an der Verhandlung nicht teilnehmen kann. Dabei sei es unerheblich, ob er die mündliche Verhandlung selbst beantragt habe und ob die Ladung zusammen mit einer Mitteilung ergangen sei. S. auch T 556/96 und T 258/13. In diesen mehrseitigen Fällen stellten die Kammern fest, dass eine Kostenverteilung zugunsten der anwesenden Partei unter Umständen gerechtfertigt ist.
In T 533/15 erklärte die Kammer, dass aufgrund der COVID-19-Maßnahmen täglich nur eine sehr begrenzte Zahl mündlicher Verhandlungen abgehalten werden kann und deswegen zahlreiche Verhandlungen abgesagt oder vertagt werden müssen. Indem der Beschwerdeführer die Kammer erst zwei Tage vor der Verhandlung über sein Nichterscheinen unterrichtet hatte, hatte er ihr die Möglichkeit genommen, den Saal für einen anderen Fall zu nutzen. Dies war bedauerlich und etwas, dass die Parteien versuchen sollten zu vermeiden.
In T 13/19 erachtete es die Kammer für ein Gebot der Höflichkeit gegenüber der Beschwerdekammer als letztinstanzlichem Gericht, sie so früh wie möglich über eine mögliche Nichtteilnahme an der mündlichen Verhandlung oder ein mögliches Hindernis für eine Teilnahme zu unterrichten.
S. auch die Ex-parte-Verfahren T 1485/06, T 1930/07 und T 218/11, in denen die Kammern feststellten, dass ein zugelassener Vertreter verpflichtet ist, das EPA umgehend über die Absicht eines Beteiligten zu unterrichten, nicht an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen.
- T 124/22
Zusammenfassung
In T 124/22 the parties had been summoned to oral proceedings before the board and a communication had been issued under Art. 15(1) RPBA. By letter of reply, received one day before the scheduled oral proceedings, the respondent had stated that it would not be attending the arranged oral proceedings. No substantive submissions had been made. Subsequently, the oral proceedings had been cancelled.
The board noted that the respondent's representative had provided his videoconferencing details eight days before the scheduled oral proceedings, indicating an intention to participate. However, he had notified the board of his non-participation only one day before the scheduled proceedings. Typically, such notifications were given well in advance (see also T 930/92). According to the board, given that the board's preliminary opinion had been issued ten months ahead of the scheduled hearing, the respondent had had ample time to inform the board of its non-attendance well ahead of the hearing.
In the board's opinion, while it was not uncommon for representatives to receive late instructions, they should seek timely directions from their clients, particularly when arranged oral proceedings approach. In this instance, the representative had failed to communicate promptly with the board's registry. The board pointed out that it (and presumably the opposing party's representative) had already invested some time in preparing for the oral proceedings. It recalled that according to Art. 6 of the epi Code of Conduct, members are required to act courteously in their dealings with the EPO. The same principle applied to behaviour towards other representatives (Art. 5(a) of the epi Code of Conduct).
The board also took the view that the respondent had effectively withdrawn its request for oral proceedings by declaring its intent not to attend them. In turn, the board did not consider the conduct of oral proceedings to be expedient (Art. 116(1) EPC). As a consequence, the decision was handed down in written proceedings (Art. 12(8) RPBA).