2.1.2 Die Verspätung war gerechtfertigt
T 964/21 × View decision
Zusammenfassung
In T 964/21 the patent proprietor (appellant) requested, among other things, that the opposition division's decision as to the apportionment of costs be set aside. The formulation of that decision was set out in the Reasons of the impugned decision as follows: "... the Opposition Division apportions to the Proprietor the costs of the remuneration of the representatives of the parties in respect to oral proceedings and for the undue delaying of the procedure in respect of late filing".
The board emphasised that an order for the apportionment of costs under Art. 104 EPC must clearly state (at least) the kind of costs to be borne by the burdened party. According to the board, the order referred to above did not comply with this requirement. The order was so vague that it was not possible to clearly determine (a) whether the representatives' costs of preparing for the oral proceedings were included, and (b) whether the representatives' costs for both oral proceedings (i.e. for the one of 8 October 2019 and also for the later one of 26 April 2021) were included.
In this regard the board noted that according to the minutes of the oral proceedings of 8 October 2019 before the opposition division, the costs for both oral proceedings should be borne by the patent proprietor. This however was not properly reflected in the order and could not be assumed to be covered by it. Furthermore, in view of the fact that parties to opposition proceedings have a right to oral proceedings, such a ruling – without any limitations of the specific costs to be borne in relation to the oral proceedings and without providing sound reasons for such a decision – would not comply with the right to be heard in oral proceedings as enshrined in the EPC.
The board found that, even on the basis of the foregoing alone, the decision on the apportionment of costs was to be set aside.
Furthermore, the board held that the opposition division's decision also failed in terms of substance. According to established case law, a board should overrule a discretionary decision only if they conclude that it was taken in accordance with the wrong principles, without taking the right principles into account or in an arbitrary or unreasonable way, thereby exceeding the proper limits of its discretion (see Case Law of the Boards of Appeal, 10th ed. 2022, V.A.3.4.1b); emphasis by the board). A substantive review of a discretionary decision was therefore not excluded in the present case.
According to the board, the fact that the patent proprietor did not contest the earliest priority claimed for D22 in view of the embodiment of Figures B34A and B34B until the first oral proceedings before the opposition division could not justify a different apportionment of costs. In this regard it had to be taken into account that a novelty objection based on the embodiment of Figures B34A and B34B of D22 was raised for the first time in said oral proceedings. Even if a novelty objection based on the embodiment of Figure 1B of D22 was already in the proceedings, this did not mean that the patent proprietor would have been obliged to consider the validity of the priorities of D22 in relation to that objection.
With regard to the late filing of amended requests, the board did not see any procedurally abusive behaviour on the part of the patent proprietor, nor did the effort of the opponents caused by the late filing of the requests – which was partly due to the late submission of the objections based on D22 – appeared to be unduly high. The efforts for the preparation of the issue of admittance of the newly filed requests did not appear to the board to have caused unreasonable expense to the opponents. Moreover, such preparatory work could in no way justify the award of the entire costs of the oral proceedings.
Thus, the board found it appropriate for each party to bear its own costs. The decision of the opposition division as to the apportionment of costs was set aside.
In T 712/94 ließ die Kammer die Einführung der vom Beschwerdeführer (Einsprechenden) vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel zu einer weiteren angeblichen Vorbenutzung in das Beschwerdeverfahren zu. Sie wies aber den Antrag des Beschwerdegegners (Patentinhabers) auf Kostenverteilung zurück. Dem Patentinhaber waren nämlich die Unterlagen für die nunmehr geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung im Zuge von Einigungsverhandlungen lange vor Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung zur Kenntnis gebracht worden, weshalb er nicht davon überrascht worden sei, als die Einigung scheiterte.
In T 1167/06 konnte die Kammer insbesondere keinen Verfahrensmissbrauch darin sehen, dass die Beschwerdeführerin zwei Wochen vor dem Termin der mündlichen Verhandlung drei weitere Hilfsanträge, zusätzliche Argumente und vier kurze Dokumente eingereicht hat, wobei Letztere das allgemeine Fachwissen zu Fragen illustrierten, die bereits zuvor diskutiert wurden. Dass die Übersetzung der Anträge und der Dokumente notwendig war und daraus Kosten entstanden, liegt in der Natur des europäischen Verfahrens mit drei offiziellen Sprachen und betrifft jede Partei gleichermaßen. Die Beschwerdegegnerin musste im vorliegenden Falle eines Streitpatents in deutscher Verfahrenssprache damit rechnen, dass vermehrt Eingaben in dieser Sprache erfolgen. Die Beschwerdegegnerin gab an, dass sich ein zusätzlicher Vertreter mit dem verspäteten Vorbringen befassen und zur mündlichen Verhandlung anreisen habe müssen, da sich der mit der Sache betraute Vertreter in der fraglichen Zeit im Urlaub befunden habe. Nach Ansicht der Kammer konnte aber die urlaubsbedingte Abwesenheit des Vertreters nicht der anderen Partei angelastet werden. Außerdem wurde die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) vor der Einspruchsabteilung von denselben beiden Vertretern vertreten, sodass es für den weiteren Vertreter keiner langen Einarbeitung bedurfte, um auf den neuesten Aktenstand zu gelangen.
In T 29/96 erfolgte die Einreichung eines neuen Dokuments, das inhaltlich eher einfach und unkompliziert war, zusammen mit der Beschwerdebegründung und nach Auffassung der Beschwerdekammer zum frühestmöglichen Zeitpunkt. Als Auslöser eines ganz neuen Einspruchs konnte die Einreichung des neuen Dokuments außerdem insofern nicht betrachtet werden, als damit nicht ein anderer nächstliegender Stand der Technik eingeführt, sondern lediglich eine neue sekundäre Informationsquelle aufgezeigt wurde, und zwar in dem Versuch, die in der angefochtenen Entscheidung aufgezeigte Lücke zu schließen und so die Position in Bezug auf die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit zu verbessern.
Im Fall T 554/01 hatte die Beschwerdeführerin im Anschluss an eine negative Entscheidung der Einspruchsabteilung mehrere Dokumente eingereicht. Die Kammer stellte fest, dass die verspätete Einreichung bestimmter Dokumente noch nicht den Schluss zulässt, dass die Beschwerdeführerin missbräuchlich gehandelt hat, vor allem, wenn sie auf das berechtigte Anliegen der Beschwerdeführerin zurückzuführen ist, ihre Argumentation zu vervollständigen, die erstinstanzlich erfolglos geblieben war. Außerdem haben die Beschwerdegegner nicht nachgewiesen, dass die Einführung dieser Dokumente in das Verfahren ihnen zusätzliche Kosten verursacht hat.
In T 1171/97 lehnte die Kammer den Antrag auf Kostenverteilung ab, weil nach ihrer Überzeugung die neuen Druckschriften, die dem Beschwerdeführer (Einsprechenden) im Lauf einer weiteren Recherche bekannt geworden waren, nicht eingereicht worden seien, um das Verfahren zu behindern, sondern weil sie Gesichtspunkte enthalten hätten, die die Einspruchsabteilung nach eigener Aussage in den zuvor verfügbaren Unterlagen nicht gefunden habe.
In T 507/03 reichte der Einsprechende (Beschwerdeführer) in Reaktion auf die in der angefochtenen Entscheidung angegebenen Gründe im Beschwerdeverfahren einen neuen Dokumentensatz ein. Die Kammer wies den Antrag auf Kostenverteilung wegen verspäteter Einreichung mit der Begründung zurück, dass nach Art. 108 EPÜ 1973 und R. 65 EPÜ 1973 (jetzt R. 101 EPÜ) in der Beschwerdebegründung zwar anzugeben ist, in welchem Umfang die Änderung oder Aufhebung der Entscheidung begehrt wird, dies einen unterlegenen Einsprechenden aber nicht daran hindert, neue Dokumente des Stands der Technik vorzulegen, wenn diese möglicherweise die in der angefochtenen Entscheidung angegebenen Gründe entkräften könnten. Zudem waren alle neuen Dokumente leicht verständlich und verursachten keinen unverhältnismäßigen zusätzlichen Arbeitsaufwand, der ein Abweichen von der üblichen Regelung in Art. 104 EPÜ 1973 rechtfertigen würde, wonach jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.
In T 242/04 stellte die Kammer fest, dass das verspätete Vorbringen des Beschwerdegegners als Antwort auf eine Aufforderung der Einspruchsabteilung zur Einreichung von Schriftsätzen eingereicht worden war, und zwar etwa einen Monat vor Ablauf der in der Aufforderung hierfür gesetzten Frist und etwa zwei Monate vor dem Termin der mündlichen Verhandlung. Unter diesen Umständen sei es nicht so, dass das verspätete Vorbringen nicht gerechtfertigt sei oder dass festgestellt werden könne, dass der Beschwerdegegner unredlich gehandelt habe. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer, der Antrag auf Kostenverteilung und insbesondere auf Erstattung der Reisekosten eines technischen Sachverständigen gestellt hatte, nicht dargelegt, weshalb die Anwesenheit des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung notwendig gewesen sei, geschweige denn Nachweise hierfür erbracht; ebenso wenig habe er nachgewiesen, dass die betreffende Reise ihren Grund einzig und allein im späten Vorbringen gehabt habe. Daher sei eine anderweitige Kostenverteilung nicht gerechtfertigt.
In der Entscheidung T 333/06 vertrat die Kammer folgende Auffassung: Dass der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Einführung des neuen Einspruchsgrunds mangelnder erfinderischer Tätigkeit sowie neuer Dokumente zur Stützung dieses Einspruchsgrunds auch aufrechterhalten hatte, nachdem er von der negativen vorläufigen Auffassung der Kammer erfahren hatte, stelle keinen Missbrauch dar, da die vorläufige Auffassung keine abschließende Entscheidung sei. Selbst wenn der Beschwerdeführer erkannt hätte, dass die neuen Dokumente für die Neuheit nicht relevant seien, könne ihm außerdem objektiv kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass er an diesen Dokumenten in der Hoffnung festgehalten habe, dass der neue Einspruchsgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit und somit auch die neuen, für die erfinderische Tätigkeit relevanten Dokumente auf sein mündliches Vorbringen hin zugelassen würden. Selbst wenn man davon ausgehen könne, dass die Vorbereitungen für die mündliche Verhandlung sich für den Beschwerdegegner damit aufwendiger gestaltet hätten, als wenn der Beschwerdeführer die neuen Dokumente zurückgezogen hätte, so seien diese Vorbereitungen durch ein Verhalten veranlasst worden, das keinen Verfahrensmissbrauch darstelle, sondern mit dem der Beschwerdeführer seine legitimen Rechte wahrnehme.
In T 467/15 hob die Kammer die Anordnung der Kostenverteilung durch die Einspruchsabteilung auf, die dem Einsprechenden Kosten zugesprochen hatte. Der Einsprechende hatte sich aufgrund der Anzahl divergierender Hilfsanträge, dem Zeitpunkt ihrer Einreichung und der aus ihrer Sicht unzureichenden Begründung der Anträge nicht in der Lage gesehen, sich auf die mündliche Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vorzubereiten. Die Kammer entschied, dass im vorliegenden Fall die Einreichung von 22 Hilfsanträgen vor dem gemäß R. 116 (1) EPÜ bestimmten Zeitpunkt entgegen der Ansicht der Einspruchsabteilung jedoch nicht als verfahrensmissbräuchlich oder unzumutbar eingeordnet werden konnte. Aus dem Umstand, dass das EPÜ eine Änderung des Vorbringens auch zu einem späten Verfahrenszeitpunkt nicht grundsätzlich als unzulässig einstuft, folgt, dass ein solches nicht per se als verfahrensmissbräuchlich oder unzumutbar einzuordnen ist. Daher bedarf es im Allgemeinen zusätzlicher Umstände, um eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen infolge einer späten Änderung des Vorbringens zu rechtfertigen (vgl. T 1781/13). Die Kammer hielt die Anzahl der Hilfsanträge und deren Divergenz vorliegend nicht für ein hinreichendes Kriterium, das die Kostenauferlegung rechtfertigen könnte.
In T 403/17 ließ die Kammer Unterlagen zu, die der Beschwerdeführer einen Monat vor der mündlichen Verhandlung eingereicht hatte. Sie lehnte eine andere Kostenverteilung ab, weil diese Einreichungen keine Änderung des Beschwerdevorbringens des Beschwerdeführers im Sinne von Art. 13 VOBK 2020 bewirkt hatten (anders als in T 2165/08 vom 6. März 2013 date: 2013-03-06, wo die Kammer kurz vor der mündlichen Verhandlung eingereichte Unterlagen als Änderung des Vorbringens des Beschwerdeführers und Verfahrensmissbrauch gewertet hatte). Die Auseinandersetzung mit den eingereichten Unterlagen und die Vorbereitung auf die Erörterung ihrer Relevanz für die Patentierbarkeit des beanspruchten Gegenstands wurden als Teil der normalen Vorarbeiten für eine mündliche Verhandlung angesehen, die von jedem Beteiligten am Beschwerdeverfahren erwartet werden konnten (s. T 1848/12). Die Kammer hielt ferner fest, dass der Beschwerdeführer berechtigt ist, seine Ausführungen in deutscher Sprache zu verfassen; R. 3 (1) EPÜ sieht vor, dass Beteiligte sich im schriftlichen Verfahren jeder Amtssprache des EPA bedienen dürfen.
- T 964/21