3.4. Geheimhaltungsverpflichtung
In T 472/92 (ABl. 1998, 161) schloss die Kammer aus dem Vorliegen eines Joint-Venture-Vertrages auf eine Geheimhaltungsverpflichtung. Ein Joint-Venture-Vertrag beinhalte gewöhnlich eine explizite oder implizite Geheimhaltungsverpflichtung zwischen der gemeinsamen Tochter und deren Muttergesellschaften.
In T 633/97 musste der Einsprechende den Beweis erbringen, dass die angebliche Vorbenutzung tatsächlich öffentlich gewesen war, d. h., dass zwischen den jeweiligen Vertragspartnern keine Geheimhaltungsverpflichtung bestanden hatte. Die Kammer stellte fest, dass je nach der Art der Geschäftsbeziehungen und dem Status der beteiligten Gesellschaften prima facie vom Bestehen einer solchen Verpflichtung ausgegangen werden könne, ohne dass es einer schriftlichen Vereinbarung bedürfe. Im vorliegenden Fall handelte LLNL im nationalen Interesse der Vereinigten Staaten auf Gebieten, die als geheimhaltungsbedürftig einzustufen waren. Aus der Eigenart dieses Projekts, das die Technologie der Uraniumanreicherung betraf, konnte geschlossen werden, dass alle Beteiligten zur Geheimhaltung verpflichtet waren.
Ebenso war die Kammer in der Entscheidung T 1076/93 der Auffassung, dass ein Waffenhersteller gewöhnlich nicht der Öffentlichkeit zugerechnet werden kann, sondern dass seine Vertragspartner stillschweigend davon ausgehen, er werde sich so verhalten, als sei zwischen ihnen ausdrücklich Geheimhaltung vereinbart worden (s. auch T 1619/06).
In T 163/03 behauptete der Beschwerdeführer (Einsprechende), die technischen Einzelheiten der in der Zeichnung D2 dargestellten Vorrichtung seien Stand der Technik geworden, als diese Zeichnung ohne jede Einschränkung hinsichtlich ihrer Vertraulichkeit im Mai 1990, d. h. vor dem Prioritätstag des streitigen Patents, an BMW weitergegeben worden sei. Die Kammer stellte fest, dass falls wie im vorliegenden Fall die Modalitäten und Bedingungen einer technischen Zusammenarbeit einschließlich diesbezüglicher Geheimhaltungsverpflichtungen von den Kooperationspartnern in einer schriftlichen Vereinbarung ausdrücklich festgelegt und vereinbart worden, so sind diese Vertragsbestimmungen maßgeblich und lassen keinen Raum für ein Hineindeuten von impliziten Verpflichtungen der Parteien, die sich von dem bei richtiger Vertragsauslegung vertraglich Vereinbarten unterschieden oder damit unvereinbar seien. Die Kammer konnte keinen Grund erkennen, trotz Fehlen einer ausdrücklichen Geheimhaltungs-verpflichtung anzunehmen, BMW könne dennoch implizit verpflichtet gewesen sein, die ihr vom Einsprechenden im Rahmen des SE-Projekts offenbarte Herstellungstechnologie geheim zu halten.