7.3.5 Rechtsprechung zu mündlichen Verhandlungen während der COVID-19-Pandemie und vor G 1/21
Dieser Abschnitt wurde aktualisiert, um die Rechtsprechung und Gesetzänderungen bis 31. Dezember 2023 zu berücksichtigen. Die vorherige Version dieses Abschnitts finden Sie in "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", 10. Auflage (PDF). |
In der Sache T 1378/16 fand am 8. Mai 2020 erstmals eine mündliche Verhandlung vor den Beschwerdekammern als Videokonferenz statt, und zwar mit dem Einverständnis des Beschwerdeführers. Die Kammer hielt es für angebracht, auf die Rechtsgrundlage für mündliche Verhandlungen im Sinne des Art. 116 EPÜ einzugehen. Danach haben die Kammern in der Vergangenheit Anträge auf Durchführung mündlicher Verhandlungen als Videokonferenz hauptsächlich deshalb abgelehnt, weil es keinen "allgemeinen Rahmen" dafür gab, d. h. keine geeigneten Videokonferenzräume zur Verfügung standen und die Öffentlichkeit solcher per Videokonferenz durchgeführter Verhandlungen nicht gewährleistet werden konnte (s. z. B. T 1266/07, T 2068/14). Gleichzeitig vertraten die Kammern die Auffassung, dass Art. 116 EPÜ nicht vorschreibt, dass die mündliche Verhandlung mit persönlicher Anwesenheit der Beteiligten durchgeführt werden muss. Mehrere Kammern fanden, dass es in ihrem Ermessen liegt, sich für diese Form der mündlichen Verhandlung zu entscheiden (T 2068/14, T 932/16). In T 1378/16 bekräftigte die Kammer diese frühere Auslegung des Rechtsrahmens. Sie hielt fest, dass den Beschwerdekammern im Gegensatz zu den Umständen, unter denen frühere Entscheidungen ergangen seien, nunmehr geeignete Räumlichkeiten für Anhörungen per Videokonferenz zur Verfügung stünden und dass durch die Mitteilung vom 6. Mai 2020 angemessen dafür gesorgt worden sei, dass die Öffentlichkeit an solchen Anhörungen teilnehmen könne.
Die Sache T 492/18 betraf die Teilnahme einer Begleitperson über eine Videoverbindung an der mündlichen Verhandlung, die als Präsenzverhandlung stattfand. Die Kammer erklärte, dass der Beschwerdegegner einer Durchführung der mündlichen Verhandlung als Videokonferenz nicht zugestimmt habe. Sie erklärte ferner, dass eine mögliche Durchführung der mündlichen Verhandlung als Videokonferenz davon abhängt, ob die Kammern die dafür erforderlichen technischen Anlagen bereitstellen können. Zum Zeitpunkt der Entscheidung (Oktober 2020) standen den Beschwerdekammern keine Anlagen für die Durchführung mündlicher Verhandlungen in hybrider Form zur Verfügung, d. h. mit persönlicher Anwesenheit einiger Vertreter des Beteiligten in den Räumlichkeiten des Amts und der Fernteilnahme anderer. Daher konnte die Kammer dem Antrag des Beschwerdeführers nicht stattgeben.