2.5. Schriftliche Erklärungen
In T 674/91 erinnerte die Kammer daran, dass es Praxis der Beschwerdekammern ist, eidesstattliche Erklärungen und Versicherungen im Original oder in Kopie als zulässige Beweismittel anzusehen. Damit soll vermieden werden, dass der Unterzeichner als Zeuge vernommen werden muss. Wenn derartige Erklärungen als Antworten auf Fragen von Juristen abgefasst sind, können mehrere eidliche Erklärungen bestimmte stereotype Formulierungen gemeinsam haben.
In T 41/19 machte der Beschwerdeführer (Patentinhabern) geltend, eine eidesstattliche Versicherung dürfe nur dann berücksichtigt werden, wenn parallel dazu die Person als Zeuge befragt werden könne, die die eidesstattliche Versicherung abgeben hat. Die Kammer konnte dieses Argument nicht folgen. Die Kammer wies u. a. darauf hin, dass eine eidesstattliche Versicherung eines der möglichen Beweismittel ist, das unter die in Art. 117 EPÜ nicht erschöpfend aufgezählten Beweismittel fällt, und daher im Rahmen der freien Beweiswürdigung als eigenständiges Beweismittel in Betracht gezogen werden kann.
In der Entscheidung T 474/04 (ABl. 2006, 129), wo ein Beteiligter die Entscheidung T 674/91 als Rechtfertigung dafür angeführt hatte, dass der Verfasser einer eidesstattlichen Versicherung nicht als Zeuge vernommen werden müsse, wies die Kammer darauf hin, dass sich der vorliegende Fall davon insoweit unterscheide, als grundlegende, in der Erklärung aufgestellte Behauptungen bestritten würden, der Verfasser als Zeuge angeboten worden sei und der Beschwerdeführer beharrlich dessen Vernehmung gefordert habe. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung, Herrn S. nicht als Zeugen zu laden, obwohl er zur Verfügung gestanden habe, behindere den Beschwerdeführer bei seiner Verteidigung gegen das letztlich entscheidende Beweismittel. Wohlgemerkt unterlägen die Beweismittel "der Verfügungsmacht und dem Wissen des Einsprechenden". Vgl. auch T 2659/17 (s. unten zur Rangfolge der Beweismittel), wo T 474/04 ausführlich zitiert, aber aus der Tatsache, dass die Beweise für eine angebliche Vorbenutzung ausschließlich der Verfügungsmacht des Einsprechenden unterlagen, der Schluss gezogen wird, dass die Einspruchsabteilung den Verfasser der entscheidenden und strittigen Erklärung als Zeugen hätte vernehmen müssen, um nicht den Anspruch des Patentinhabers auf rechtliches Gehör (Art. 113 (1) EPÜ) zu verletzen, der eine Zeugeneinvernahme gefordert hatte.
Zu der Frage, ob zusätzlich zu einer Erklärung auch der angebotene Autor der Erklärung als Zeuge zu hören ist, wenn er angeboten wird, siehe das Kapitel "Beweisaufnahme" und insbesondere das Kapitel III.G.3.3 "Rechtliches Gehör"; zu der Frage, wann eine Erklärung allein zum Nachweis ausreichend sein kann, siehe das Kapitel III.G.4. "Beweiswürdigung".