5.4. Einmaliges Versehen in einem zuverlässigen System zur Fristenüberwachung oder zur Abwicklung der Post
Die Tatsache, dass ein System über Jahre hinweg effizient funktioniert hat, sahen die Kammern in vielen Entscheidungen als Beweis dafür an, dass es normalerweise zuverlässig ist (vgl. J 31/90, J 32/90, T 309/88 vom 28. Februar 1990 date: 1990-02-28, T 30/90, J 7/15). Auch in T 130/83 vom 8. Mai 1984 date: 1984-05-08 wertete die Kammer die Tatsache, dass ein Vertreter ein eigenes Fristenüberwachungssystem eingeführt hatte, um sich gegen die Folgen eines unter Arbeitsdruck möglichen Versehens abzusichern, als starken Anscheinsbeweis dafür, dass der Vertreter die gebotene Sorgfalt beachtet hatte (s. auch T 869/90 vom 15. März 1991 date: 1991-03-15, T 715/91, T 111/92 vom 3. August 1992 date: 1992-08-03).
In T 1465/07 schloss sich die Kammer dagegen der Auffassung nicht an, dass ein Fristenüberwachungssystem normalerweise als zuverlässig gelten kann, wenn es bisher ohne Probleme funktioniert hat, obwohl Zweifel bestehen. Der Nachweis, dass dieses System über Jahre hinweg effizient funktioniert hat, ist ein Anzeichen für Zuverlässigkeit, kann aber durch Beweise dafür aufgewogen werden, dass Hauptmerkmale für Zuverlässigkeit wie eine unabhängige Gegenkontrolle fehlen. In diesem Fall kann nicht von einem zuverlässigen System ausgegangen werden (s. auch T 1962/08, J 14/16, J 9/16).
In T 1764/08 bewertete die Kammer die bloße Behauptung, im vorliegenden Fall sei die Einlegung der Beschwerde zum ersten Mal unbeabsichtigt versäumt worden, nicht als Nachweis dafür, dass ansonsten alle gebotene Sorgfalt beachtet wurde und in der Kanzlei des Vertreters ein zuverlässiges System im Einsatz sei.