2.1.1 Die Verspätung war nicht gerechtfertigt
In T 28/91 wurden drei Dokumente, die bereits der Einspruchsabteilung vorgelegt worden waren, erst in einem späten Stadium wieder in das Beschwerdeverfahren eingeführt. Die Kammer hielt die Verspätung für nicht nachteilig, da dadurch keine neue Argumentation eingeführt und somit auch kein zusätzlicher Aufwand erforderlich geworden sei (vgl. auch T 133/06).
In T 525/88 wurde die Kostenverteilung abgelehnt, obwohl die Verspätung ungerechtfertigt war, weil die Dokumente nicht relevant waren und keinen Einfluss auf die Entscheidung hatten (s. auch T 534/89, ABl. 1994, 464; T 876/90; T 1714/14). In T 882/91 prüfte die Kammer nicht, ob die ungerechtfertigte Verspätung höhere Kosten verursacht hatte, weil sie der Auffassung war, dass die andere Partei für die Berücksichtigung der verspätet vorgebrachten Dokumente nicht viel zusätzliche Arbeit und Zeit aufzuwenden hatte, sodass schon deshalb kein Grund bestand, eine Kostenverteilung vorzunehmen (vgl. die ähnlich gelagerten Fälle in T 737/89, T 685/91, T 556/90, T 231/90 und T 875/91).
In T 330/88 legte der Beschwerdegegner ein neues Dokument zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung vor. Die Kammer fand die Verspätung ungerechtfertigt, war aber der Meinung, dass eine Kostenverteilung nicht billig sei, da der Beschwerdeführer genug Zeit hatte, sich mit dem Dokument zu beschäftigen, zumal die Entscheidung nicht in der mündlichen Verhandlung, sondern vier Monate später und nach Gelegenheit zur Stellungnahme getroffen wurde.
In T 336/86 legte der Beschwerdeführer erstmalig im Beschwerdeverfahren ein früheres Patent des Beschwerdegegners vor, das die Neuheit zerstörte. Der Beschwerdegegner verlangte eine anderweitige Kostenverteilung mit der Begründung, die mündliche Verhandlung wäre nicht erforderlich gewesen, wenn das Patent früher vorgelegt worden wäre. Die Kammer stimmte zwar zu, dass die Verspätung ungerechtfertigt war und dass dadurch höhere Kosten entstanden waren; sie hielt jedoch eine anderweitige Kostenverteilung im vorliegenden Fall für nicht angebracht, da der Beschwerdegegner von der Existenz seines eigenen Patents wusste oder hätte wissen müssen.
In T 931/97 hatte der Einsprechende erstmalig in dem Verfahren vor der Beschwerdekammer neue Beweismittel vorgebracht, die dem Patentinhaber jedoch aus einem früheren Verfahren vor dem Deutschen Patentamt bekannt waren. Die Kammer war der Auffassung, dass eine anderweitige Kostenverteilung in einem solchen Fall nicht gerechtfertigt ist, da der Patentinhaber die Unterlagen bereits kennen musste und sie bei der Abschätzung ihrer Erfolgsaussichten einbeziehen konnte.
In T 1182/01 ließ die Kammer mehrere vom Beschwerdeführer verspätet eingereichte Dokumente in das Verfahren zu und stellte fest, dass ihre Entscheidung, die Angelegenheit sofort an die erste Instanz zurückzuverweisen, dazu führe, dass der Beschwerdegegner keine unverhältnismäßige Kostenbelastung in Bezug auf die vorliegende Beschwerde habe.
In T 633/05 berief sich der Beschwerdeführer erstmals in der Beschwerdebegründung auf ein Dokument, das zwar im europäischen Recherchenbericht zitiert, im Einspruchsverfahren aber nicht berücksichtigt worden war. Nach Auffassung der Kammer versuchte der Beschwerdeführer, neue Beweise zur Stützung einer von ihm bereits im Einspruchsverfahren vorgebrachten Argumentation vorzulegen, nämlich, dass bestimmte Merkmale der vorliegenden Erfindung zum Stand der Technik gehörten. Da das besagte Dokument in der Beschwerdebegründung zitiert wurde und ohnehin in der Prüfungsakte enthalten war, hatte der Beschwerdegegner reichlich Zeit, den Inhalt dieses ziemlich kurzen Dokuments zu studieren und sich darauf vorzubereiten, die Behauptung des Beschwerdeführers, einige Schlüsselmerkmale des angefochtenen Patents würden darin offenbart, zu widerlegen. Die Kammer sah somit keinen Grund anzunehmen, dass der Beschwerdeführer mit seinem verspäteten Vorbringen darauf abgezielt haben könnte, das Beschwerdeverfahren zu verschleppen, oder dass dem Beschwerdegegner dadurch unzumutbare Mehrkosten entstanden seien.
In der Entscheidung T 273/10 vertrat die Beschwerdekammer die Auffassung, dass der Einsprechende das betreffende Dokument missbräuchlich zurückgehalten habe, obwohl es fristgerecht zur kontradiktorischen Prüfung hätte vorgelegt werden müssen. Allerdings sei dies nicht der alleinige Grund für die Ansetzung einer zweiten mündlichen Verhandlung gewesen. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die mündliche Verhandlung unterbrochen wurde, wäre es nicht möglich gewesen, die Verhandlung noch am selben Tag zum Abschluss zu bringen. Die Kammer verwies darauf, dass die zweite mündliche Verhandlung einen ganzen Tag in Anspruch genommen habe. Zudem habe es die Fortsetzung der Verhandlung dem Patentinhaber ermöglicht, neue Hilfsanträge einzureichen. Da beide Parteien von der zweiten mündlichen Verhandlung profitiert hätten, gebiete es die Billigkeit folglich nicht, die Kosten nur dem einzigen Einsprechenden aufzuerlegen.
In T 213/14 übte die Kammer ihr Ermessen nach Art. 13 (1) VOBK 2007 aus, Hilfsanträge nicht zum Verfahren zuzulassen; sie lehnte zudem eine anderweitige Kostenverteilung ab. Sie befand, dass die Einreichung neuer Anträge durch den Patentinhaber zur Verteidigung seiner Position nach Anberaumung einer mündlichen Verhandlung oder nach Erhalt einer negativen vorläufigen Stellungnahme der Kammer zumindest im vorliegenden Fall nicht als ein besonderer Umstand anzusehen sei, der eine Kostenverteilung rechtfertige. Die Anträge hätten zwar als Teil des vollständigen Sachvortrags des Beschwerdeführers eingereicht werden können, die spätere Einreichung habe aber dem Beschwerdegegner nicht deutlich mehr Arbeit verursacht. Der Beschwerdegegner hätte prüfen müssen, welche Einwände vorgebracht werden könnten, darunter gegebenenfalls Einwände gegen die Zulassung solcher Anträge zum Verfahren.
In T 101/17 lehnte die Kammer den Antrag des Beschwerdegegners (Einsprechenden) auf anderweitige Kostenverteilung ab. Der Beschwerdegegner hatte argumentiert, dass die Einreichung von Hilfsanträgen im Beschwerdeverfahren – statt im Einspruchsverfahren – einen Verfahrensmissbrauch darstelle. Obwohl die Hilfsanträge nicht zugelassen worden seien, habe man sich für den Fall ihrer Zulassung vorbereiten und sich inhaltlich mit ihnen beschäftigen müssen. Die Kammer befand, dass die Rechtsprechung der Beschwerdekammern eine anderweitige Kostenverteilung nicht stützte. Sie schloss sich dem in T 1848/12 vertretenen Ansatz an, wonach – in Anwendung des Grundsatzes, dass jeder Beteiligte seine eigenen Kosten trägt – Vorbereitungen auf die Erörterung der Frage, ob verspätet eingereichte Dokumente zugelassen werden sollen, Teil der normalen Arbeit sind, die von einem Beteiligten erwartet werden kann. Um einen Kausalzusammenhang zwischen den Ausgaben des Beschwerdegegners und dem Verhalten des Beschwerdeführers herzustellen, so die Kammer weiter, müsste der Beschwerdegegner zeigen, dass die Ausgaben vor allem durch die verspätete Einreichung der Anträge und nicht durch deren Einreichung als solche verursacht worden sind. Da eine Erörterung der Zulässigkeit von Anträgen in Verfahren allgemein nicht unüblich war, können dafür kaum separate Kosten geltend gemacht werden.
- T 967/18
Catchword:
Where opposition proceedings have been interrupted under Rule 142(1)(b) EPC, acts done by the parties or the competent body of the EPO during the period of interruption are considered invalid. An appeal against a decision taken during the interruption is inadmissible, because it has no valid subject eligible for a judicial review. The RPBA also apply to requests for apportionment of costs under Article 104(1) EPC. A negligent behaviour may also justify apportionment of costs. However, the negligence must be serious enough to be considered equivalent to wilful misconduct.
- Sammlung 2023 “Abstracts of decisions”