10. Bindungswirkung der Entscheidung, mit der die Sache an die erste Instanz zurückverwiesen wird
Eine Entscheidung einer Beschwerdekammer über eine Beschwerde gegen eine Entscheidung einer Prüfungsabteilung hat für das nachfolgende Einspruchs- oder Einspruchsbeschwerdeverfahren weder nach dem EPÜ noch nach dem Grundsatz der res judicata eine Bindungswirkung (T 26/93; T 167/93, ABl. 1997, 229; T 694/01, ABl. 1997, 229; T 2291/08, s. auch T 1853/16). Die Bindungswirkung ist auch nicht auf Fälle beschränkt, in denen die Zusammensetzung der Kammern unverändert geblieben ist (T 436/95). In Anlehnung an T 167/93 stellte die Kammer in T 1099/06 fest, dass Einspruchsverfahren unabhängig und verschieden von Prüfungsverfahren sind und sich durch die Art des öffentlichen Interesses auszeichnen. Der Rechts- und Verfahrensrahmen ist ganz klar so angelegt, dass das Interesse der Öffentlichkeit, die erteilte Patente im Wege des Einspruchs anfechten kann, Vorrang gegenüber etwaigen Rechtssicherheitsgedanken oder einer erkennbaren Konsistenz genießt. Die Kammer wies darauf hin, dass dieser Grundsatz – soweit er im EPÜ anerkannt wird – äußerst eng ausgelegt wird und die sechs in T 167/93 dargelegten Kriterien erfüllt sein müssen: Die Sache muss a) gerichtlich und b) rechtskräftig c) von einem dafür zuständigen Gericht d) aufgrund derselben Tatfragen und e) mit denselben Beteiligten (oder deren Rechtsnachfolgern), f) die dieselbe rechtliche Eigenschaft haben, entschieden worden sein. Somit konnte eine Entscheidung im vorangegangen Prüfungsbeschwerdeverfahren nicht als res judicata im anschließenden Einspruchsbeschwerdeverfahren angesehen werden, weil die Kriterien c, e und f nicht erfüllt waren.