2.8. Änderungen in der Zusammensetzung der zuständigen Abteilung der ersten Instanz
In T 960/94 hatte sich die Zusammensetzung der Einspruchsabteilung im Zeitraum zwischen der mündlichen Verkündung der Entscheidung und deren schriftlicher Abfassung geändert. Die Kammer gelangte zu der Auffassung, dass der Erlass der schriftlichen Entscheidung durch eine Einspruchsabteilung, deren erstes Mitglied am Tag der mündlichen Verhandlung nicht anwesend gewesen sei, sowohl im Hinblick auf Art. 113 (1) EPÜ als auch Art. 116 EPÜ einen wesentlichen Verfahrensmangel darstelle, da sie namens eines ersten Mitglieds erlassen worden war, vor welchem den Parteien keinerlei Gelegenheit eingeräumt worden war, sich in der mündlichen Verhandlung zu äußern.
In T 862/98 war die erstinstanzliche Entscheidung von der Einspruchsabteilung in anderer Besetzung als derjenigen unterzeichnet worden, vor der die mündliche Verhandlung stattgefunden hatte. Da die mündliche Verhandlung ein grundlegender Ausdruck des rechtlichen Gehörs ist (s. z. B. T 209/88), sollten in der mündlichen Verhandlung alle Feststellungen, die für die abschließende Entscheidung relevant sind, in Anwesenheit und unter Beteiligung derjenigen Mitglieder getroffen werden, die die abschließende Entscheidung erlassen. Die Kammer entschied, dass Änderungen in der Zusammensetzung einer Einspruchsabteilung nach einer mündlichen Verhandlung generell auch dann vermieden werden sollten, wenn keine endgültige Sachentscheidung verkündet werde. Wenn dies nicht möglich sei, sollte den Beteiligten in der Regel angeboten werden, dass eine erneute mündliche Verhandlung stattfindet (s. analog Art. 8 (1) VOBK 2020). In Ausnahmefällen könne dies unterbleiben.
In T 837/01 war die abschließende Entscheidung der Einspruchsabteilung nur von drei Mitgliedern der Abteilung unterzeichnet worden, während die den Beteiligten zugestellte Ausfertigung die Namen aller vier Mitglieder einschließlich des rechtskundigen Mitglieds aufwies. Auf Nachfrage der Kammer stellte sich heraus, dass das rechtskundige Mitglied nicht einfach vergessen hatte, die Entscheidung zu unterzeichnen, sondern an der Abfassung der Entscheidung nicht beteiligt war, was einen wesentlichen Verfahrensmangel darstellte (s. auch T 990/06).