4. Bedeutung von nationalen Entscheidungen für die Rechtsprechung der Beschwerdekammern
In T 452/91 stellte die Kammer fest, dass über Fragen der Patentierbarkeit in Verfahren vor den Instanzen des EPA allein auf der Grundlage des EPÜ 1973 entschieden werden dürfe. Nationale Entscheidungen dürften nicht als für das EPA verbindlich zitiert und Patentansprüche vom EPA nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden, dass ihre "Patentfähigkeit nach dem Recht eines Mitgliedstaats keinen Bestand hat": Es könne nämlich sein, dass das Recht der meisten oder aller übrigen Vertragsstaaten anders sei. Die Gründe, die für das nationale Gericht bei seiner Entscheidung maßgebend gewesen seien, könnten eine Instanz des EPA durchaus zu einer auf das EPÜ 1973 gegründeten vergleichbaren Entscheidung gelangen lassen, doch bedürfe es dazu zunächst einer sorgfältigen Betrachtung des Übereinkommens und der einschlägigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, eines Vergleichs mit dem Recht und der Rechtspraxis, durch die das nationale Gericht zu seiner Entscheidung gelangt sei, und einer Untersuchung der Gegebenheiten in anderen Vertragsstaaten (R 21/09, T 1753/06).
In G 1/19 (Fußgängersimulation) merkte die Große Beschwerdekammer an, dass im Laufe des Vorlageverfahrens auf nationale Entscheidungen (aus Deutschland und dem Vereinigten Königreich) Bezug genommen wurde. Nachdem die Vorlagefragen aber ausschließlich im Rahmen des COMVIK-Ansatzes zu behandeln waren, der in der Rechtsprechung der Beschwerdekammern speziell dafür etabliert wurde und den nationalen Entscheidungen nicht zugrunde liegt, hielt es die Große Beschwerdekammer nicht für angebracht, auf Letztere im Detail einzugehen.