2. Zugelassene Vertreter
Nach Art. 133 (1) EPÜ ist niemand verpflichtet sich in den durch das EPÜ geschaffenen Verfahren durch einen zugelassenen Vertreter vertreten zu lassen. Dennoch sind natürliche oder juristische Personen, die weder Wohnsitz noch Sitz in einem Vertragsstaat haben, gemäß Art. 133 (2) EPÜ dazu verpflichtet, in jedem durch das Übereinkommen geschaffenen Verfahren durch einen zugelassenen Vertreter vertreten zu werden und Handlungen durch ihn vornehmen zu lassen – die Einreichung einer europäischen Patentanmeldung ist ausgenommen. In der Ausführungsordnung können weitere Ausnahmen zugelassen werden. T 1157/01 fasst das anzuwendende Recht zusammen.
In J 1/04 wurde ausgeführt, dass ein Anmelder mit Sitz in einem Vertragsstaat des EPÜ nicht verpflichtet ist, sich in den durch das Übereinkommen geschaffenen Verfahren vertreten zu lassen. Möchte der Anmelder sich jedoch vertreten lassen, so muss er entweder einen Angestellten, einen zugelassenen Vertreter oder einen Rechtsanwalt hierzu bevollmächtigen.
Im Hinblick auf den Angestellten eines Konzerns erklärte die Kammer in T 2308/10, dass ein Angestellter einer Konzerngesellschaft nicht für eine andere Gesellschaft dieses Konzerns handeln kann. Bereits in T 298/97 war entschieden worden, dass es das EPÜ derzeit nicht zulässt, dass ein Angestellter einer juristischen Person für eine andere, mit ihr wirtschaftlich verbundene juristische Person handelt, da die Ausführungsordnung keine Vorschriften nach Maßgabe des Art. 133 (3) letzter Satz EPÜ enthält.
In T 213/89 hatte sich ein japanischer Erfinder mit einem Satz geänderter Anmeldungsunterlagen direkt an das EPA gewandt. Den Unterlagen lag ein Schreiben an seinen Vertreter bei, aus dem hervorging, dass er die geänderten Unterlagen auch an diesen gesandt hatte. Die Kammer stellte fest, dass keine Bestätigung des Vertreters vorlag, wonach die vom Erfinder direkt übermittelten Unterlagen als offizielle Antwort auf den Bescheid des Amts anzusehen seien. Da Personen, die weder Wohnsitz noch Sitz in einem Vertragsstaat haben, Handlungen im Verfahren durch ihren Vertreter vornehmen müssen, konnten die Unterlagen nicht in Betracht gezogen werden.
In T 717/04 wurde dem EPA per Fax ein Schreiben des beschwerdeführenden Anmelders, einer natürlichen Person mit Anschrift außerhalb der Vertragsstaaten, übermittelt, das Argumente und einen neuen Anspruchssatz enthielt, die berücksichtigt werden sollten. Da die Anschrift des beschwerdeführenden Anmelders nach Art. 133 (2) EPÜ 1973 sich nicht in einem Vertragsstaat befand, stellte die Kammer fest, dass die Einreichung von Ansprüchen und Argumenten wie denjenigen im Schreiben des beschwerdeführenden Anmelders durch einen zugelassenen Vertreter hätte erfolgen müssen. Da dieses Vorbringen weder vom Vertreter eingereicht noch von ihm bestätigt worden sei, könne es von der Kammer nicht berücksichtigt werden.
In T 578/14 musste Herr S., der seinen Wohnsitz in Neuseeland hatte, im Beschwerdeverfahren Handlungen durch einen Vertreter vornehmen. Die Kammer konnte daher Anträge und Eingaben, die weder vom Vertreter stammten noch von ihm bestätigt waren, nicht berücksichtigen (T 213/89, T 717/04 und J 4/10). Dies galt jedoch nicht für Eingaben, die ausschließlich die Bestellung oder den Wechsel des Vertreters, die Einreichung einer Vollmacht oder Informationen über das Erlöschen der Vertretervollmacht betrafen.
In J 9/13 wies die Eingangsstelle eine europäische Patentanmeldung nach Art. 90 (5) EPÜ zurück, weil der Anmelder mit Wohnsitz in Moskau nicht wie in Art. 133 (2) EPÜ vorgeschrieben einen zugelassenen Vertreter bestellt hatte. Der Beschwerdeführer (Anmelder) brachte vor, dass Art. 133 (2) EPÜ nicht für Personen mit Wohnsitz in der Russischen Föderation gelte. Die Russische Föderation gehöre dem "Partnerschafts- und Kooperationsabkommen" (PKA) an. Die Kammer betonte, dass weder die Europäische Patentorganisation noch das Europäische Patentamt Teil oder Mitglied der Europäischen Union ist. Deshalb ist weder die Europäische Patentorganisation noch das Europäische Patentamt an die Bestimmungen des PKA gebunden, sie sind keine "Vertragspartei" oder "andere Vertragspartei" nach Art. 98 PKA. Die Beschwerde galt als nicht eingelegt.