9.2.10 Beurteilung von Merkmalen, die sich auf die Wiedergabe von Informationen beziehen
In T 1194/97 (ABl. 2000, 525) stellte die Kammer fest, dass funktionelle Daten von codiertem kognitiven Inhalt zu unterscheiden sind. Bei einem Aufzeichnungsträger, der dadurch gekennzeichnet ist, dass darauf funktionelle Daten aufgezeichnet sind, geht es nicht um eine Wiedergabe von Informationen als solche. Der Begriff funktionelle Daten schließt in diesem Zusammenhang eine Datenstruktur ein, die so definiert ist, dass sie inhärent die technischen Merkmale des Systems aufweist, in dem der Aufzeichnungsträger verwendet wird.
In T 2049/12 wies die Kammer auf ein verbreitetes Missverständnis in Bezug auf T 1194/97 hin, wonach es nur zwei Arten von Daten gibt – kognitive und funktionale – und funktionale (d. h. nicht kognitive) Daten immer technisch sind. Die maßgebliche Frage für die Prüfung, ob eine Datenstruktur technisch ist, lautet vielmehr, ob sie eine technische Wirkung erzeugt.
In T 643/00 stellte die Kammer fest, dass sich in der Gestaltung und Benutzung einer Schnittstelle, über die der Benutzer mit einem System interagiert, durchaus nichttechnische Aspekte ausmachen lassen (s. Entscheidung T 244/00). Die Wiedergabe von Informationen mittels einer Benutzeroberfläche hat nämlich keinen technischen Charakter, wenn ihr einziger relevanter Effekt das ansprechende Design und Artwork betrifft. In ihrer Entscheidung schloss die Kammer aber die Möglichkeit nicht aus, dass eine Anordnung von Menüpunkten (oder Abbildungen) auf einem Bildschirm von technischen Überlegungen geleitet sein kann. Solche Überlegungen könnten darauf abzielen, dass es dem Nutzer ermöglicht wird, eine technische Aufgabe wie die Suche und Abfrage von Abbildungen, die in einem Bildverarbeitungsgerät gespeichert sind, effizienter oder schneller auszuführen, selbst wenn dies eine intellektuelle Bewertung durch den Nutzer beinhaltet. Auch wenn eine solche Bewertung für sich genommen nicht unter die Bedeutung des Begriffs "Erfindung" gemäß Art. 52 EPÜ 1973 fällt, macht die bloße Tatsache, dass intellektuelle Tätigkeiten involviert sind, einen Gegenstand nicht zwangsläufig nichttechnisch. Die Kammer verwies auf die Entscheidung T 1177/97, der zufolge die Verwendung einer Information in einem technischen System (oder ihre Eignung dafür) der Information selbst insofern technischen Charakter verleihen kann, als die Information die Eigenschaften des technischen Systems widerspiegelt, weil sie z. B. speziell formatiert oder verarbeitet wird.
In T 677/09 ging es um die Informationen über Unterschiede zwischen verschiedenen Fahrzeugen, die dem Benutzer eines Fahrzeuginformationssystems bei Betätigung einer Komponente erteilt wurden Nach Auffassung der Kammer hing diese Wirkung vom Inhalt der Informationen und von der Reaktion des Benutzers auf diese Informationen ab. Sie war daher keine unmittelbare Wirkung des Merkmals und konnte nicht zur Formulierung der technischen Aufgabe verwendet werden. Die Kammer stellte fest, dass der Beschwerdeführer nichttechnische Aspekte als Grund anführte, den Stand der Technik nicht zu ändern; in T 1670/07 sei eine derartige Argumentationsweise als "Trugschluss des nichttechnischen Vorurteils" bezeichnet worden (Nr. 16 der Gründe). Dass dies nicht zulässig ist, ergibt sich aus der Tatsache, dass nichttechnische Merkmale, die sich auf den Inhalt der Informationen beziehen, überhaupt nicht zur erfinderischen Tätigkeit beitragen können. Die Frage ist nicht, ob der Fachmann diese Merkmale in Betracht ziehen würde, denn dies ist bei der Formulierung der technischen Aufgabe bereits entschieden worden, sondern ob es naheliegend ist, die Merkmale in der beanspruchten Art und Weise umzusetzen. Der Beschwerdeführer hatte darauf hingewiesen, dass ein Signal in der Datenverarbeitung im Allgemeinen einen kognitiven Informationsgehalt hat, die Rechtsprechung ihm aber gleichwohl technischen Charakter zuerkennt. Die Kammer stellte jedoch fest, dass dieser technische Charakter aus den mit dem Signal einhergehenden sogenannten "funktionellen Daten" resultiert, da das Signal inhärent technische Merkmale umfasst, die mit den Merkmalen des Systems zusammenwirken, in dem das Signal auftritt, beispielsweise Synchronisierungsdaten (s. z. B. T 1194/97, Nr. 3.3 der Gründe). Im vorliegenden Fall besaßen die Informationen über die Unterschiede zwischen den Fahrzeugen keine inhärenten technischen Merkmale und somit auch keinen funktionellen Anteil, sondern waren rein kognitiver Natur. Anders sei dies bei Systemen mit Merkmalen, die eine unmittelbare technische Wirkung haben, wie etwa, Informationen über den Zustand des Motors, über eine drohende Kollision oder über das Einparken des Fahrzeugs zu liefern.