Frühere Ausstellungen
2023-2024 | Catalyst lab & Deep vision | The making of tomorrow
- Einleitung
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Ars Electronica zu Gast im Europäischen Patentamt, 5. Oktober 2023 bis 15. Juni 2024
© Ars Electronica, Photo: Christian Kain
Zum 50-jährigen Jubiläum des Europäischen Patentübereinkommens hat das Europäische Patentamt (EPA) Ars Electronica, das Linzer Institut für neue Medienkunst, eingeladen, einen zentralen Raum im Untergeschoss seines Hauptgebäudes als Gast zu kuratieren. Auf fast 1000qm erstreckt sich eine Fläche, die ursprünglich als Registratur für Patentakten genutzt wurde und durch die umfängliche Digitalisierung des Patenterteilungsverfahrens ihren Zweck verloren hatte. Im Zuge der Neugestaltung des Untergeschosses entwickelten wir daher zusammen mit Ars Electronica ein zukunftsweisendes Raumkonzept, das die originale DNA als Patentaktenarchiv bewahrt und zugleich einen Erlebnisort für unsere MitarbeiterInnen und BesucherInnen schafft.
Der Wandel vom Archiv zum Kulturraum zog sich über fast zwei Jahre hin. Dabei ging es nicht nur darum, möglichst viel von der originalen Atmosphäre des ursprünglichen Orts zu bewahren, sondern auch die charakteristischen Rollregale als Ausstellungsarchitektur für Medienkunst mit Technologie-Schwerpunkt zu nutzen. Die originalen Patentakten der historischen Anfangszeit wurden bewusst als Heritage in die Ausstellungsarchitektur integriert, um die frühere Arbeitsweise von Patentprüfern zu dokumentieren, das in den Akten enthaltene technische Wissen als immaterielles Kulturgut zu erhalten und die Geschichte und Funktion des EPA auch für künftige Generationen buchstäblich sichtbar zu machen.
In unserer Zeit wird es immer bedeutsamer, wie technischer Fortschritt den globalen Nachhaltigkeitszielen gerecht wird. Anschaulich wird dies in der digitalen Auftragsproduktion „Pulse of the EPO“, die von dem Künstlerduo Quadrature in Zusammenarbeit mit dem EPA entwickelt wurde und nun erstmals im Deep vision, einem immersiven Ausstellungsraum, zu sehen ist. In einer Reihe von wechselnden Narrativen spiegelt diese 3x4k-Projektion auf elf Metern Wandbreite die globale Dynamik von 10 Millionen Patentanmeldungen aus dem Bereich Mitigation or Adaptation against climate change (unter Verwendung des Y02-Kennzeichnungssystems des EPA für nachhaltige Technologien) wider. Die Berliner Künstler bedienen sich dabei der weltweiten Patentstatistik-Datenbank PATSTAT und lesen in freier Interpretation den enormen Datensatz aus.
Big data, Künstliche Intelligenz und Robotik, Materialproduktion und nachhaltige Fertigung, Schlaf als Klimatechnik, Experimente mit botanischen Lebenswelten im All, Datenklassifikationssysteme und Blockchain, Ökosysteme mit menschlichem Fuβabdruck – das von Ars Electronica kuratierte Catalyst Lab wirft Schlaglichter auf globale Themen und Herausforderungen unserer Zeit, untersucht die Auswirkung von Technologien auf unsere Gesellschaft und zeichnet dabei den rasanten Wandel der Welt durch Innovation und Fortschritt nach. Welche technischen Fortschritte auch in der Wahrnehmung von Kunst möglich sind, zeigt „Gigapixel Editions“, eine digitale Auftragsproduktion, die für den immersiven Ausstellungsraum Deep vision entstanden ist und exemplarisch drei Werke aus der EPA-Kunstsammlung in extrem hochauflösender Projektion auf neue Weise erfahrbar macht.
Durch immerwährendes Streben nach mehr Lebensqualität, gesteigerter Effizienz, höherer Wirtschaftlichkeit und erweiterten Horizonten ist unsere Zivilisation im beständigen Umbruch. Mit jedem technologischen Fortschritt, mit jeder Überwindung von wissenschaftlichen Grenzen erweitern sich Räume und Möglichkeiten. Damit verändert sich die Perspektive auf die Dinge und gleichzeitig auch auf unsere Lebenssituation. Um die neue Dimension rasanter technologischer Einflussnahme auf die Gesellschaft im digitalen Zeitalter zu verstehen, appelliert das Catalyst lab an unsere Fähigkeit, Innovation ganzheitlich auf der Grundlage technologischer, gesellschaftlicher und kultureller Werte zu bewerten. Dies erfordert neben einem umfassenden Verständnis der Technologien selbst einen breiten gesellschaftlichen Dialog, die Einbindung von Nachhaltigkeitszielen in die Technologieentwicklung sowie die Schaffung von inklusiven Rahmenbedingungen, die den sozialen Zusammenhalt fördern.
Mit der hier gezeigten Ausstellung von Ars Electronica nimmt das EPA das 50-jährige Jubiläum des Europäischen Patentübereinkommens zum Anlass, einen neuen Blick auf drängende Fragen und Themen unserer Zeit zu wagen und möglichst viele Menschen zum Nachdenken und Diskutieren anzuregen.
Über Ars Electronica
Ars Electronica ist eine Plattform, die an der Schnittstelle von Kunst, Technologie und Gesellschaft tätig ist und Ausstellungen, Bildungsprogramme und Forschungsprojekte verantwortet, die sich mit der Zukunft unserer Gesellschaften befassen. Ars Electronica wurde 1979 als Festival in Linz gegründet und umfasst mittlerweile auch ein Labor, den Prix Ars Electronica und ein Museum, das sich der Erforschung und Förderung von Medienkunst und digitaler Kultur widmet.
Über das Europäische Patentamt (EPA)
Das EPA ist eine der größten öffentlichen Einrichtungen in Europa und unterstützt ErfinderInnen, ForscherInnen und Unternehmen in aller Welt beim Schutz ihrer Erfindungen. Unser übergeordnetes Ziel ist es, durch die Förderung von Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftswachstum zu einer sichereren, intelligenteren und nachhaltigeren Welt beizutragen. Das EPA, das 1973 mit der Unterzeichnung des Europäischen Patentübereinkommens gegründet wurde, bietet auch Zugang zur weltweit größten Quelle für technische Informationen, die dazu beitragen können, Entdeckungen von Innovatoren zu beschleunigen.
Über den Ausstellungsort
Das Europäische Patentamt eröffnet in diesem Jahr einen Kulturraum im revitalisierten Untergeschoss des Münchner Hauptgebäudes. Das ehemalige Patentaktenarchiv bietet KünstlerInnen, HistorikerInnen, EPA-MitarbeiterInnen und Stakeholdern einen Ort, an dem sie gemeinsam mit der breiten Öffentlichkeit über die Rolle der Technologie in der Gesellschaft reflektieren können. Mit Ausstellungen, die die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Kunst und Innovation erforschen, lädt der Raum die BesucherInnen ein, die Auswirkungen von Erfindungen im Laufe der Zeit zu entdecken.
Impressum
Team Ars Electronica
- Kurator: Martin Honzik
- Produzentinnen: Laura Welzenbach, Veronika Krenn, Daniela Duca De Tey und Manuela Hillmann
- Technische Leitung: Karl Julian Schmidinger und Klaus Dieterstorfer
- Technik-Team: Klaus Dieterstorfer, Florian Cossee und Randolf Helmstetter
- Ausstellungsdesign: ANY:TIME Architekten
- Redaktion: Julia Blaas
Besonderer Dank gilt:
- Den KünstlerInnen der Ausstellung und ihren AssistentInnen und UnterstützerInnen.
- Dem Ars Electronica Team und insbesondere Veronika Liebl, Christl Baur, Katia Kreuzhuber, Martin Hieslmair, Gregor Tatschl, Christopher Sonnleitner, Gerfried Stocker, Markus Jandl, Stephan Kobler, Barbara Diesenreither.
- Dem EPA-Team und insbesondere dem Präsidenten des EPA, António Campinos, der diese Ausstellung ermöglicht hat.
- aqua_forensic
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©Christian Kain
Robertina Šebjanič (SI) und Gjino Šutić (HR)
Kuratorisches Konzept:
Wasser kann Unmengen an Informationen über die Anwesenheit des Menschen speichern, und umgekehrt hat der Mensch einen großen Einfluss auf die aquatische Umwelt. Betrachtet man die Bewegungen von Mikroorganismen im Wasser, erkennt man sofort einen eindeutigen Unterschied zwischen Proben aus dicht bevölkerten und aus menschenleeren Gebieten. Dieses Video-Essay und das Buch stellen das Neueste aus dem Bereich Art-Science vor: verborgene Welten im Wasser und die darin lebenden "Monster" sowie die Beziehung zwischen diesen Lebensräumen und unserem täglichen Leben.
Über das Kunstwerk:
aqua_forensic zeigt, wie das Wasserleben durch für das Auge unsichtbare menschengemachte Verschmutzungen geschädigt wird. In einer Kombination aus Kunst, Wissenschaft und Citizen Science möchte das Multimediawerk eine Diskussion über den Umfang unserer Solidarität und unseres Mitgefühls für das Leben im Wasser anstoßen. Es basiert auf In-vitro-Experimenten, die 2018 am Donauufer in Linz und an der Adriaküste in Dubrovnik vorgenommen wurden. Die Untersuchungen zeigten, dass die Spuren pharmazeutischer Produkte im Wasser (darunter Stimmungsstabilisierer, Antibiotika, Schmerzmittel und Hormonpillen) das Verhalten der Mikroorganismen in den Wasserproben verändern.
Die Komplexität der marinen und anderen aquatischen Ökosysteme, die über 70 % der Erdoberfläche bedecken und bis zu 80 % des Luftsauerstoffs bilden, ist immer noch nicht geklärt. Anthropogene Verschmutzung verändert die Ozeane, greift irreversibel in die Evolution ein und verknüpft sie mit einem globalen sozio-technologischen System, das durch (geo-)politisches und wirtschaftliches Interesse an den Gewässern der Welt bestimmt wird. aqua_forensic untersucht die Beziehung zwischen dem mikrobiellen Leben und dem "Aquaforming" der aquatischen Lebensräume durch den Menschen und wirft die Frage auf, inwieweit Flüsse und Ozeane unseren Einfluss spüren.
Künstlerbiografien:
Die Werke von Robertina Šebjanič (SI) werden international ausgestellt. In ihrer Kunst beschäftigt sie sich mit den biologischen, chemischen, (geo-)politischen und kulturellen Realitäten der aquatischen Umwelt. In ihrer Analyse des Anthropozän beschreibt sie den Einfluss des Menschen auf marine Lebensräume mit den Begriffen "Aquatozän" und "Aquaforming". Ihr Werk wurde mit mehreren Auszeichnungen und Nominierungen wie Prix Ars Electronica, Starts Prize, Falling Walls und RE:Humanism gewürdigt.
Gjino Šutić (HR) ist Biotechnologe, postmoderner Intermedia-Künstler, Innovator und Pädagoge. Er ist Gründer und Leiter von Universal Research Institute & Gen0 Industries. Šutić forscht in den Bereichen Biotechnologie, Bioelektronik, experimentelle Elektronik und Ingenieurökologie. Als Künstler spezialisiert er sich auf Bio Art, digitale Kunst, Installationen und Hybrid Art. Für seine Arbeit im Bereich synthetische Chemie und Pharmakologie erhielt er auf der ARCA 2022 (der 20. Auflage der Internationalen Erfindermesse) den ersten Preis.
Credits und Danksagungen zu den Kunstwerken:
- Künstler (Forschung und Entwicklung): Robertina Šebjanič (SI) und Gjino Šutić (HR)
- Projektunterstützung: Ars Electronica im EMAP/EMARE
- Mitfinanziert vom Creative Europe Programme der Europäischen Union
- Partner: UR Institute (HR), Sektor Institute (SI), Projekt Atol Institute (SI), Čistoća Dubrovnik (HR), Ministerium für Kultur der Republik Slowenien und Ministerium für Kultur der Republik Kroatien
- LIMINAL
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©Christian Kain
Louis-Philippe Rondeau (CA)
Kuratorisches Konzept:
LIMINAL ist eine Fusion aus jahrzehntealter Technologie und neuen Perspektiven – eine interaktive Installation, die einlädt, in eine Live-Synergie zwischen der digitalen und der körperlichen Welt einzutreten. Die Bewegungen Ihres Körpers werden zu einer visuellen Metapher der Zeit, begleitet von einem durch Ihre Bewegungen gebildeten Soundtrack. Das Durchschreiten eines Portals ist ein Ritual: erleben Sie die vergänglichen Grenzen zwischen Gegenwart und Vergangenheit!
Über das Kunstwerk:
LIMINAL ist eine interaktive Installation, die den unaufhaltsamen Lauf der Zeit versinnbildlicht. Es möchte das Jetzt klar von der Vergangenheit trennen. In der Dunkelheit leuchtet ein Bogen aus Licht auf: ein Portal. Sobald Sie die Schwelle überschreiten, wird Ihr Bild mithilfe der aus dem Kino bekannten Slit-Scan-Technik auf die gegenüberliegende Wand projiziert.
In dieser visuellen Metapher, wo Gegenwart und Vergangenheit unmittelbar miteinander verschmelzen, sehen Sie, wie Ihr Abbild beim Durchschreiten des Rings im weißen Licht nahtlos vorbeihuscht. Dadurch wird deutlich, dass jedes Licht die Manifestation vergangener Ereignisse ist – die funkelnden Sterne am Nachthimmel sind lediglich Momentaufnahmen lange erloschener Gestirne. Der Klang wird verräumlicht, indem er sich mit jeder Ihrer Bewegungen und mit Ihren Gesten ändert. Jede neue Bewegung verändert die Performance des vergänglichen Moments. Das Licht setzt Ihre improvisierte Choreografie in Bilder um, jeder Augenblick wird zu einem unwiederholbaren sensorischen Erlebnis.
Künstlerbiografie:
In seinen Kunstwerken entwickelt Louis-Philippe Rondeau (CA) Geräte, die auf spielerische und unkonventionelle Weise Selbstdarstellung und Performance zum Gegenstand haben. Seine Arbeit ist leicht zugänglich; der Benutzer erahnt nicht, welch komplexer Computercode dahintersteckt.
- MaterialLab
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©Christian Kain
Ars Electronica mit Projekten von Youyang Song (CN/DE); Milena Stavrić (AT), Julian Jauk (AT), Hana Vašatko (AT) und Lukas Gosch (AT); Naifactory Lab (ES); Diana Scherer (DE/NL).
Kuratorisches Konzept:
Dieses Projekt untersucht, welche Rolle Materialien der nächsten Generation als Grundlage für neue Produktions- und Konsummuster spielen können. Eine nachhaltigere und sozial verantwortungsbewusstere Produktion muss angesichts knapper Ressourcen und oftmals kritischer Arbeitsbedingungen immer absolute Priorität haben. Anstatt nur Fertigprodukte zu nutzen, könnten die Menschen in die Lage versetzt werden, mehr selbst herzustellen.
Über das Kunstwerk:
Die Werkstoffforschung untersucht derzeit intelligente synthetische Textilien und andere Materialien, die sich an veränderliche Bedingungen anpassen können und gleichzeitig ökologischen Standards entsprechen und den Weg zur Kreislaufwirtschaft ebnen. Das könnte das Ende der Konsum- und Wegwerfgesellschaft als einer der Säulen des heutigen Lebens einläuten.
Dabei wird Abfall zu einer wertvollen Quelle der Materialien von morgen. Müll zu minimieren und die Lebens- und Nutzungsdauer von Materialien zu maximieren würden die Grundlage für ressourcenschonende neue Systeme bilden. Innovation würde die Neuentdeckung, Wiederverwendung und Umwidmung bekannter Materialien ermöglichen. Außerdem zeigt das Projekt, wie wichtig Citizen Science und die Beteiligung der Communities, aber auch eine Zusammenarbeit sind, die Engagement und diesbezügliche Sensibilisierung fördern.
Das Regalsystem MaterialLab zeigt Beispiele für innovative Materialien, die in einer Videodokumentation näher erklärt werden. Hier können Sie die Möglichkeiten der Zukunft selbst fühlen und mit allen Sinnen erleben.
- PEELSPHERE
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Youyang Song (CN/DE)
Lebensmittelabfälle wie Bananen- oder Orangenschalen erhalten in PEELSPHERE ein zweites Leben: ein aus Lebensmittelabfällen und Algen bestehendes und daher vollständig biologisch abbaubares Musterbeispiel für die Kreislaufwirtschaft, ein Produkt moderner Werkstofftechnik. Das ästhetisch ansprechende und vielseitige Material ist als Alternative zu Echt- und Kunstleder gedacht.
Künstlerbiografie
Youyang Song (CN/DE) ist eine in Berlin lebende Textildesignerin, die an der Entwicklung eines funktionierenden Ökosystems aus biologisch abbaubaren Produkten arbeitet. Song versucht, ein realisierbares umweltbewusstes Geschäftsmodell mit umweltfreundlicher und abfallfreier Produktion zu entwickeln.
- Reolivar (Earth/Air)
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Naifactory Lab (ES)
Reolivar ist ein organisches, kompostierbares und wiederverwendbares Biomaterial aus Olivenkernen und natürlichen Bindemitteln.
Reolivar Earth hat ein holzähnliches Aussehen und die Beschaffenheit von Keramik. Es kann abfallfrei sogar in hochkomplexe Formen gegossen werden.
Reolivar Air ist leichter, lichtdurchlässig und ähnelt eher Kunststoff. Es kann ganz nach Wunsch in unterschiedlicher Festigkeit oder Biegsamkeit und in verschiedenen Farben hergestellt werden.Künstlerbiografien
Joseán Vilar (ES) und Silvana Catazine (BR)haben gemeinsam das Naifactory Lab gründet, ein disziplinübergreifendes Creative Studio mit Spezialisierung auf Ecodesign-Strategien und nachhaltige Lösungen, die die Kreislaufwirtschaft in der Kreativbranche fördern sollen.
- Interwoven
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Diana Scherer (DE/NL)
In ihrem laufenden Forschungsprojekt Interwoven lässt Diana Scherer Pflanzenwurzeln in komplexe Strukturen wachsen, die als Grundlage für 3D-Textilien dienen. Sobald die Wurzeln in die gewünschte Form gewachsen sind, nimmt sie sie aus dem Boden und entfernt die Sprosse. Die so entstandenen Teile sind zwar bisher noch nicht tragbar, lassen aber auf eine nachhaltigere Modebranche hoffen.
Künstlerbiografie
In ihrem laufenden Forschungsprojekt Interwoven lässt Diana Scherer (DE/NL) Pflanzenwurzeln in komplexe Strukturen wachsen, die als Grundlage für 3D-Textilien dienen. Sobald die Wurzeln in die gewünschte Form gewachsen sind, nimmt sie sie aus dem Boden und entfernt die Sprosse. Die so entstandenen Teile sind zwar bisher noch nicht tragbar, lassen aber auf eine nachhaltigere Modebranche hoffen.
- MyCera
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Milena Stavrić (AT), Julian Jauk (AT), Hana Vašatko (AT) und Lukas Gosch (AT)
MyCera ist ein nachhaltiger Baustoff aus Ton, Sägemehl und Myzel. Er kann per 3D-Druck in komplexe, leichtgewichtige ziegelähnliche Hohlformen gespritzt werden, die mit einer Mischung aus organischem Substrat und Myzel, dem vegetativen Teil von Pilzen, gefüllt sind.
Künstlerbiografien
Milena Stavrić (AT), Julian Jauk (AT), Hana Vašatko (AT) und Lukas Gosch (AT) sind ein interdisziplinäres Forscherteam des Instituts für Architektur und Medien (IAM) der TU Graz.
- Felix
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Milena Stavrić (AT), Julian Jauk (AT), Hana Vašatko (AT) und Lukas Gosch (AT)
Felix ist ein Modul, das allein oder als Baustein für Pfeiler oder Säulen verwendet werden kann. Damit kann es neue Räume schaffen, ohne seine ganz eigene charakteristische Ästhetik zu verlieren. Dank seines schlauchförmigen Aufbaus kann es mit einem mit Myzel geimpften Substrat gefüllt werden. Das lebende Material dient als Bindemittel, das die aufeinandergesetzten Module zu einem stabilen Ganzen verbindet.
Künstlerbiografien
Milena Stavrić (AT), Julian Jauk (AT), Hana Vašatko (AT) und Lukas Gosch (AT) sind ein interdisziplinäres Forscherteam des Instituts für Architektur und Medien (IAM) der TU Graz.
- Perfect Sleep
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©Christian Kain
Tega Brain (AU) und Sam Lavigne (US)
Kuratorisches Konzept:
Hätten Sie gedacht, dass Schlafen einen Beitrag zum Geoengineering leisten kann? Die Besucherinnen und Besucher sind eingeladen, sich hinzulegen und den Ausführungen von Schriftstellern, Wissenschaftlerinnen, Akademikern und Aktivistinnen zum Thema Schlaf zu lauschen. Die Installation "Sleep Study" besteht aus speziellen Liegen und Grafiken zur Korrelation zwischen Schlaf und CO2-Emissionen, BIP, geistiger Gesundheit und vielem mehr. Die zugehörige Perfect Sleep App kann heruntergeladen und überall genutzt werden: perfectsleep.labr.io
Über das Kunstwerk:
Perfect Sleep untersucht, inwieweit Schlafmangel und globale Erderwärmung Produkte des gleichen extraktivistischen Wirtschaftssystems sind, das keine Rücksicht auf Regeneration, Ruhe und natürliche Grenzen nimmt. Das Projekt besteht aus einer Smartphone-App und einer Installation. Mit der Perfect Sleep App kann man seine Schlafzeit im Laufe von drei Jahren sukzessive verlängern, um irgendwann den Zustand des "totalen Schlafs" zu erreichen.
Die Texte zur "Dream Incubation" von Simone Browne, Johanna Hedva, Holly Jean Buck und Sophie Lewis leiten an, wie man im Schlaf Visionen einer alternativen Welt hervorruft. Die Komponistin Luisa Pereira hat diese Texte in Traumlandschaften umgesetzt. Sleep Study stellt spezielle Liegen bereit, in denen man diese Traumlandschaften erleben kann. Das Design ist inspiriert von den Liegestühlen in Thomas Manns Roman Der Zauberberg sowie von Sleep Pods aus dem Silicon Valley.
Gleichzeitig wird versucht, die Auswirkungen einer veränderten Schlafroutine auf das Klima zu modellieren, mithilfe von Untersuchungen, die auf eine Korrelation zwischen durchschnittlicher Schlafdauer, BIP und CO2-Emissionen hindeuten. Für verschiedene Schlafschemata werden Emissionsminderungsszenarien dargestellt.
Künstlerbiografien:
Die Künstlerin und Umweltingenieurin Tega Brain (AU) stammt aus Australien. Sie ist bekannt für ihre Arbeiten über Umwelt, Datensysteme und Infrastruktur. Sie entwickelte Funknetze, die durch Umweltphänomene beeinflusst werden, Systeme zur Verschleierung personenbezogener Daten und einen Dating-Service, der auf dem Geruch basiert. Tega Brain ist Industry Associate Professorin für Integrated Design and Media an der New York University und Autorin des Buchs Code as Creative Medium, das sie zusammen mit Golan Levin verfasste.
Sam Lavigne (US) ist Künstler und Pädagoge. In seiner Arbeit behandelt er Themen wie Daten, Überwachung, Gesetzesvollzug, maschinelle Sprachverarbeitung und Automatisierung. Er ist Assistant Professor am Institut für Design der University of Texas in Austin. Sam entwickelt allein und im Team auch Open-Source-Softwareprojekte für die Geisteswissenschaften. Zuvor war er Redakteur für Special Projects beim Online-Magazin New Inquiry.
Credits und Danksagungen zu den Kunstwerken:
- Künstler: Tega Brain und Sam Lavigne
- Texte für Dream Incubation von Simone Browne, Johanna Hedva, Holly Jean Buck und Sophie Lewis. Vertonung von Luisa Pereira. Möbeldesign in Zusammenarbeit mit Jordana Maisie Design Studio.
- Auftraggeber: Museum Sinclair-Haus, Stiftung Kunst und Natur, Bad Homburg
- Proof of Work
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©Christian Kain
Anna Ridler (UK)
Kuratorisches Konzept:
Haben Sie sich schon einmal gefragt, woher eigentlich die Datensätze für die künstliche Intelligenz stammen? Erleben Sie das komplizierte Wechselspiel zwischen Datenklassifizierung und Bias-Systemen in automatisierten Prozessen. Als konkrete Datensätze symbolisieren an der Themse gesammelte Muscheln das Konkrete in einer digitalen Landschaft und regen zu Überlegungen über Veränderungen, Strömungen und die Verflechtungen von Mensch und Natur an. Das Videowerk dokumentiert den aufwendigen Prozess der Erstellung dieser Datensätze. Von der Konzentration auf die Bedeutung eines einzelnen Objekts wandert die Betrachtung auf die Entwicklungen der weiten Welt.
Über das Kunstwerk:
Für KünstlerInnen sind sowohl der Schaffensprozess als auch die spätere Vorführung integrale Bestandteile ihrer kreativen Praxis. Proof of Work zeigt, wie arbeitsaufwendig die Erstellung des Datensatzes für das NFT The Shell Record war und wie dieser danach von einer Maschine gelesen und zur Schaffung synthetischer Muscheln genutzt wurde. Es dauerte mehrere Monate, die passenden Muschelschalen an verschiedenen Stellen des Themse-Ufers zu sammeln, einem der größten offenen archäologischen Fundorte der Welt. Die Geschichte des Flusses spiegelt sich in den am Ufer gefundenen Muschelschalen wider.
Man findet immer wieder Austernschalen, obwohl Austern – teilweise aufgrund der Verschmutzung – heute nicht mehr in der Themse leben. In viktorianischer, georgianischer und sogar römischer Zeit und noch früher waren sie hingegen weit verbreitet. Inzwischen haben sich in verschiedenen Wellen der Globalisierung und entlang neuer Schiffswege neue Muschelarten angesiedelt. Wissenschaftler stellen fest, dass die Schalen von Organismen, die seit der Eiszeit am Fluss heimisch waren, heute nur noch selten anzutreffen sind und durch invasive Arten verdrängt werden. Die neuen Arten könnten ihrerseits einmal Leitfossilien für das Anthropozän werden.
Künstlerbiografie:
Die Künstlerin und Wissenschaftlerin Anna Ridler (UK) ist fasziniert vom Einsatz der Technik als Mittel zum Verständnis der Welt, insbesondere was Messung, Quantifizierung und die Natur angeht. Sie erschafft einmalige Narrative mithilfe von Datensätzen. Ihre Arbeiten wurden weltweit ausgestellt, unter anderem im Barbican Centre, im Centre Pompidou, im HEK Basel, in The Photographers' Gallery, im ZKM Karlsruhe, auf der Ars Electronica sowie im Victoria and Albert Museum.
- TerraPort
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©Christian Kain
Dorotea Dolinšek (SI)
Kuratorisches Konzept:
Inspiriert durch die Weltraumforschung hat Dorotea Dolinšek eine Kreislaufproduktionsmaschine für Lebensmittel entwickelt, die eine automatische Verbesserung des Bodens ermöglicht. Obgleich die Vorrichtung für den Mars gedacht ist, kann sie bereits heute das Leben auf der Erde verändern. Man kann in Regolith (feinem Gesteinsmaterial) gepflanzte Sojabohnen bei ihrem langsamen Wachstum beobachten. Indem sie ihren ganzen Körper für die Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit nutzt, verleiht die Künstlerin ihrem Werk eine eindeutig weibliche Perspektive. Die Maschine ist voll funktionsfähig; lediglich die Iteration wurde für farbige Flüssigkeiten angepasst, die den Ablauf simulieren.
Über das Kunstwerk:
Die Fortschritte in der Raumfahrttechnik beruhen auf unserem Verständnis vom interstellaren Raum und vom Leben auf der Erde. Inspiriert von den neuesten Erkenntnissen der Astrobiologie und von Prototypen für das Terraforming von Planeten, die für eine künftige Besiedlung durch den Menschen vorgesehen sind, hat die Künstlerin eine Maschine zur automatischen Anreicherung des feinen Gesteinsmaterials auf der Oberfläche des Mars ("Marsregolith") entwickelt. Sojabohnen (Glycine max) werden in den Regolith gepflanzt und mit einer organischen Mischung aus aufbereitetem menschlichen Urin, getrocknetem Menstruationsblut und zerkleinerten Haaren gedüngt. Das Regolith bewegt sich auf einem Förderband, wobei sich die organischen und mineralischen Substanzen allmählich zersetzen und in ein Substrat für Mikroorganismen und pflanzliches Leben verwandeln.
TerraPort ist das erste einer Reihe von Projekten, die von der Erfahrung der Zerbrechlichkeit des Lebens auf der Erde in ihrer tiefen ökologischen Krise angetrieben werden. In ihrer Arbeit setzt die Künstlerin ihren eigenen Körper als Quelle für die Fruchtbarkeit zukünftiger interplanetarischer Zivilisationen ein.
Künstlerbiografie:
Dorotea Dolinšek (SI) lebt in Ljubljana und ist Medienkünstlerin. Sie studierte Malerei an der Akademie der Schönen Künste in Venedig und schreibt derzeit ihre Masterarbeit am Institut für Video und neue Medien der Akademie für Bildende Kunst und Design in Ljubljana. Durch ihre künstlerische Auseinandersetzung mit dem Leben unter den Extrembedingungen des Weltraums zieht Dorotea Parallelen zum Überleben angesichts der gravierenden Umweltkrise auf der Erde.
Credits und Danksagungen zu den Kunstwerken:
- Konstruktion: Jože Zajc | Glasbearbeitung: Zvonko Drobnič | Fachliche Beratung: Kristijan Tkalec | Lichtdesign und technischer Support: Jure Sajovic, Simon Gmajner | Programmierung und 3D-Modellierung: Jakob Grčman | Dank an: Robert Černelč, Sašo Sedlaček (Akademie für Bildende Kunst und Design, UL), Dr. Marko Flajšman (Fachbereich Biotechnologie – Institut für Agrarwissenschaften, UL) | Foto: Katja Goliat
- Produktion: Zavod Kersnikova / Galerija Kapelica | Support: Kulturministerium der Republik Slowenien, Kulturressort der Stadt Ljubljana
- Unfinished Sculpture - Captives #1
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©Christian Kain
Quayola (IT)
Kuratorisches Konzept:
Die Unfinished Sculptures zugrunde liegende, noch laufende Forschung ist inspiriert von Michelangelos Prigioni (ca. 1510 ‑ 1530), einer Serie unfertiger Skulpturen, die zum Sinnbild für die Ausdruckskraft der exponierten bildhauerischen Tätigkeit geworden sind. Angesichts der zunehmenden Automatisierung der modernen Welt könnte sich unsere Beziehung zu Maschinen in naher Zukunft ändern. Quayola macht sich Gedanken über neue robotische Strategien des Bildhauens, in denen die Technologie mehr ist als nur ein unterstützendes Instrument für die menschliche Kreativität.
Über das Kunstwerk:
Die Skulpturengruppe Captives ist eine zeitgenössische Meditation über die Non-finiti von Michelangelo. Quayolas Serie verweist zwar auf die Renaissance-Skulpturen, legt den Fokus aber nicht auf die figürliche Darstellung, sondern auf die Gestaltung der Materie. Wie die Original-Prigioni dokumentieren Quayolas unvollendete Figuren die Geschichte ihrer Entstehung und Formgebung. Die hier gezeigte Skulptur Captives #1 war Ausgangspunkt für die Sculpture Factory, ein laufendes Forschungsprojekt zur Verwendung von Robotern für die (Re-)Produktion klassischer Skulpturen.
In einem Begleitvideo wird die Sculpture Factory dokumentiert. Ein großer Industrieroboter formt endlose Variationen historischer Meisterwerke. Es entsteht niemals eine fertige Skulptur, sondern jeder Versuch erzeugt neue Artikulationen des Gegenstands. Das Ergebnis ist eine Hybridvision: ein langsamer Entdeckungsprozess, bei dem es nicht um die Reproduktion eines Originalkunstwerks der Renaissance geht, sondern vielmehr um die endlosen Möglichkeiten, dies zu versuchen.
Künstlerbiografie:
Quayola (IT) nutzt die Technik als Vergrößerungsglas, durch das er die möglichen Spannungen und das Gleichgewicht zwischen scheinbar gegensätzlichen Kräften betrachtet: das Reale und das Künstliche, das Figurative und das Abstrakte, das Alte und das Neue. In seinen eindringlichen Installationen beschäftigt sich Quayola mithilfe moderner Technologie mit der kanonischen Bildsprache.
Credits und Danksagungen zu den Kunstwerken:
- Kunstwerk: Quayola
- Produktion: Quayola Studio
- Softwareentwicklung: Natan Sinigaglia, Matt Swoboda, Julien Vuillet; Sounddesign: David Kamp; Z-Brush: James Hardingham; Assistenz: Matteo Zamagni, Aymie Backler; Herstellung: Voxeljets
- Mit Unterstützung von Ars Electronica und der MU Gallery, Eindhoven.
- Deep vision – immersive Ausstellung
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©Christian Kain
Die Entwicklung digitaler Bildgebungstechnologien hat unbestreitbar unsere Wahrnehmung der Welt verändert und erweitert. Neue Arten der Umsetzung abstrakter Konzepte in präsentierbare und kommunizierbare Daten haben unser Verständnis der Welt von Grund auf verändert. DEEP VISION ist ein multifunktionaler Medienraum für innovative Formen von Aus- und Weiterbildung und Entertainment sowie für neue Präsentationsmittel und künstlerische Ausdrucksformen. DEEP VISION dient als Prototyp zum Ausloten der Konvergenz neuer Möglichkeiten, besonderer Darstellungsformen und der damit verbundenen technischen und gesellschaftlichen Herausforderungen. Die technische Ausstattung und Ausrichtung regen zur Auseinandersetzung mit den Inhalten an. Die Inspiration für DEEP VISION stammt vom immersiven Konzept DEEP SPACE des Ars Electronica Center. Es stellt drei spannende Projekte vor: Made to Measure sowie die beiden digitalen EPA-Auftragsarbeiten Gigapixel Editions und Pulse of the EPO.
- Pulse of the EPO
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Quadrature (DE)
©Christian Kain
Kuratorisches Konzept:
Inspiration für Pulse of the EPO gaben die umfangreichen Datenbanken des EPA. Es visualisiert die Entwicklung von Patentdaten im Verlauf der letzten 50 Jahre, indem es Technologietrends und die Ausrichtung von Innovation in Europa und über seine Grenzen hinaus aufzeigt. In mehreren kurzen, ein- bis zweiminütigen Erzählungen untersucht Pulse of the EPO den tiefgreifenden Einfluss des Europäischen Patentamts auf den globalen Wandel.
Über das Kunstwerk:
Pulse of the EPO stellt die transformierende Kraft der Kreativität in Wissenschaft und Technik in den Vordergrund. Ausgangsmaterial sind die riesigen Mengen technischer Daten und Dokumente, die das EPA im Rahmen seines Auftrags der Förderung von Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftswachstum hütet.
Diese künstlerische Arbeit besteht aus einer Serie von Narrativen, die den weltweiten Einfluss des EPA thematisieren. Datenanalysen mischen sich mit subjektiven Spekulationen und poetischer Freiheit. Es ist vor allem die riesige Datenmenge, die Inspiration liefert, völlig losgelöst von irgendeinem vorhandenen Hintergrund. Es geht allein darum, die nackten Daten zu verarbeiten, aufzuarbeiten oder frei zu kombinieren.
Verschiedene Parameter aus den Datenbanken des EPA bestimmen die Ästhetik und Dramaturgie des Werks, etwa der Anmeldetag der Patentanmeldung und ihr Ursprungsland/-ort, der Anmelder selbst, die Zeit zwischen der Einreichung und der Erteilung/Zurückweisung des Patents, die Zahl der Anführungen einer Patentanmeldung, die Gebiete der Technik, die Anmeldungsbezeichnung, Rechtsstandsereignisse, Patentfamilien und vieles mehr. In jeder Erzählung werden Ton und Bild gleichzeitig erzeugt, alles basierend auf den Datensätzen des EPA. Auch diese Datensätze liefern weitere Informationen über die Patente, wie etwa die Hunderttausenden von Innovationen, die als Technologien zur Eindämmung des Klimawandels und zur Anpassung daran markiert sind.Künstlerbiografien:
Das Berliner Künstlerduo Quadrature beschäftigt sich mit der Verwendung von Daten und Technologien als Mittel, um Realitäten zu lesen und zu schreiben. Ihre disziplinübergreifende Arbeitsweise umfasst zeitbasierte Performances, Installationen, klassische Skulpturen und zweidimensionale Werke. Mit unterschiedlichen Methoden und Erzählweisen untersuchen sie die Welt und den Kosmos. Die Mitglieder Juliane Götz und Sebastian Neitsch (bis 2016 noch zusammen mit Jan Bernstein) erhielten Anerkennung durch den Prix Ars Electronica, den Kunstfonds Bonn, die Akademie Schloss Solitude, LaBecque, PODIUM Esslingen und das Hertz-Labor am ZKM Karlsruhe.
Credits und Danksagungen zu den Kunstwerken:
- Originalkunstwerk: Quadrature
- In Auftrag gegeben von der Europäischen Patentorganisation im Rahmen der Ars Electronica Ausstellung im Catalyst lab 2023
- Gigapixel Editions – das digitalisierte Kunstarchiv des EPA in hochauflösenden Bildern
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Ars Electronica
©Christian Kain
Kuratorisches Konzept:
Werke aus der Kunstsammlung des EPA wurden in Form besonders hochauflösender Fotos und digitaler Mosaikbilder medial archiviert. Für jedes Kunstwerk konnten somit hochauflösende Bilder zu einer einzigen digitalen Darstellung des Werks arrangiert werden, die bisher ungesehene Details sichtbar macht. Paul Leitners Sucrologist (2016), Afra Eismas Noonday Sun (2019) und Ivan Šuletićs CFRP Cityscape XI (2019) sind die ersten drei Kunstwerke der Sammlung, die hier auf diese Weise zu erleben sind.
Über die Kunstwerke:
Die erste Version der Gigapixel Editions untersucht die Ästhetik des Sammelns, Verwebens und Malens, erfasst in einem digitalen Archiv. Jedes der drei Kunstwerke ist in rund einer Milliarde Pixel festgehalten. Diese Detailstufe in der Digitalfotografie wurde erst in den letzten zehn Jahren möglich. Sie eröffnet Kuratorinnen und Kunstgelehrten sowie der Öffentlichkeit neue Möglichkeiten, denn sie können dank dieser neuen Technologie ausgewählte Kunstwerke jetzt online viel detaillierter ansehen, als es in einer konventionellen Ausstellung möglich wäre.
Die wunderbaren Details der Zuckerpäckchen in Paul Leitners Sucrologist (350 x 200 cm), verziert mit zahlreichen unterschiedlichen Designs und Schriftarten, sind so deutlich zu sehen wie nie zuvor. Afra Eismas liebevoller, spontaner Wandteppich ist das zweitgrößte und mit Abstand farbenprächtigste der drei Werke: Street-Art-Ästhetik in gewebter Form. Ivan Šuletićs etwas kleineres Ölgemälde (200 x 180 cm) macht den Zyklus komplett. Der Künstler experimentiert mit einem Digitalbild eines ihm unbekannten Ortes und malt und zeichnet fast mechanisch entpersonalisierte Stadtansichten in einer Zeit endloser digitaler Odysseen und Social-Media-Feeds.
Künstlerbiografien:
Paul Leitner (AT) lebt und arbeitet in Wien, wo er 2011 seinen Abschluss an der Universität für angewandte Kunst machte. Er verwandelt alltägliche Gegenstände und Geräte in subtile, ausgeklügelte Kunstwerke, oft in Form mehrdimensionaler Installationen.
Afra Eisma (NL) studierte Kunst an der Koninklijke Academie van Beeldende Kunsten in Den Haag und am Central Saint Martins College of Art and Design in London. Sie arbeitet vorwiegend mit Textilien und Keramik und erschafft leuchtende, farbenfrohe, emotionale Installationen mit einer versteckten Botschaft.
Ivan Šuletić (RS) lebt und arbeitet in Belgrad, wo er 2015 einen Doktor für Bildende Künste an der Universität der Künste Belgrad erhielt. Neben seiner Arbeit als vielgefragter bildender Künstler ist er Assistenzprofessor beim Architekturressort der Stadt.
Credits und Danksagungen zu den Kunstwerken:
- Produktion und Bearbeitung: Ars Electronica
- Gigapixel-Fotos: Florian Voggeneder
- Ton und Musik: Karl Julian Schmidinger
- Originalkunstwerke: Paul Leitner Sucrologist (2016), Afra Eisma Noonday sun (2019), Ivan Šuletić CFRP Cityscape XI (2019)
- In Auftrag gegeben von der Europäischen Patentorganisation im Rahmen der Ars Electronica Ausstellung Catalyst Lab 2023
- Made to Measure
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Laokoon: Cosima Terrasse (FR), Moritz Riesewieck (DE) und Hans Block (DE)
Kuratorisches Konzept:
Wissen ist Macht. Daten sind Wissen, also sind Daten heute auch Macht. Jeden Tag hinterlassen wir Spuren persönlicher Daten im Internet. Laokoon hat sich der Herausforderung gestellt, allein anhand dieser Spuren aus Google-Suchdaten eine Person zu rekonstruieren. Das Ergebnis ist eine Dreikanal-Videoinstallation, die beim Betrachten einlädt, das eigene Online-Verhalten zu überdenken und die eigene Privatsphäre mit entsprechenden Tools zu schützen.
Über das Kunstwerk:
Im Rahmen eines künstlerischen Datenexperiments erstellte Laokoon einen Doppelgänger allein aus den personenbezogenen Google-Daten einer unbekannten Person. Akribisch wurden fünf Jahre aus dem Leben dieser Person rekonstruiert und das Ergebnis auf einer Theaterbühne gefilmt. Monate später traf die reale Person auf ihr Daten-Double. Das spektakuläre, einmalige Experiment wird in einem Film und auf einer interaktiven Website zum Leben erweckt. Hier können die Besucher erleben, welche tiefen Einblicke in unser inneres Leben und unsere intimsten Geheimnisse wir jeden Tag freiwillig Google, Facebook und anderen Online-Plattformen geben.
Das medienübergreifende Projekt Made to Measure, das auch eine Fernsehdokumentation umfasst, beleuchtet in einem innovativen, komplexen Erzählformat, wie Technologieunternehmen die gesammelten Daten von Milliarden von Menschen sammeln, um unter anderem aus ihren Schwächen, Unsicherheiten, Krankheiten und ihrer Suchtanfälligkeit Profit zu ziehen.
Künstlerbiografien:
Laokoon ist eine für den Emmy nominierte medienübergreifende Gruppe mit Sitz in Berlin und Wien, bestehend aus Cosima Terrasse (FR), Hans Block (DE) und Moritz Riesewieck (DE). Sie sind bekannt für ihre immersiven Erfahrungen und TV-‑Dokumentationen, die die Schnittstelle zwischen Technologie und Gesellschaft ausloten.
Credits und Danksagungen zu den Kunstwerken:
- Regie: Cosima Terrasse, Moritz Riesewieck, Hans Block
- Entwicklung: Gruppe Laokoon, Kulturstiftung des Bundes
- Koproduktion mit: WDR, SRG SSR, OSZE RfOM, Docmine und rbb
- In Zusammenarbeit mit: PACT Zollverein
- Unterstützung: Kulturhaus Brotfabrik, vorAnker, Universität für Angewandte Kunst Wien, Starts in Motion und mit freundlicher Unterstützung der deutschen Botschaft