1990er-Jahre
1990: EPA veröffentlicht Horizon 2000
Dieses weitsichtige Strategiepapier behandelt die rasche Zunahme der Zahl der EPO-Mitgliedstaaten und die Verteilung der Organisation auf drei (demnächst vier) Standorte. In Horizon 2000 werden fünf Leitlinien für die EPO aufgestellt und Möglichkeiten zum Bürokratieabbau aufgezeigt. Vor allen Dingen wird die Frage untersucht, wie die EPO ihren Mitgliedstaaten im Gefolge der großen Umwälzungen am besten dienen kann, die der Niedergang des Kommunismus und die Privatisierung vieler traditionell öffentlicher Sektoren für Europa bedeuten.

1991: Diensstelle Wien wird eröffnet
Nach der Produktion der ersten ESPACE-CD-ROMs strebt das EPA danach, Patentinformation in digitaler Form an eine breitere Öffentlichkeit zu verteilen. Dazu übernimmt das EPA das Internationale Patentdokumentationszentrum INPADOC in Wien und eröffnet dort am 1. Januar eine neue Dienststelle.Bei seiner Eingliederung in das EPA blickt es auf eine fast zwanzigjährige Erfahrung mit der Erbringung von Dienstleistungen auf den Gebieten Patentrecherche und Dokumentation zurück. Seine Datenbanken umfassen mehr als 95 % aller weltweit veröffentlichten Patentdokumente.
1993: EPA-Verbindungsbüro in Brüssel wird eröffnet
Zur Erleichterung der Kommunikation mit der Europäischen Union richtet das EPA ein Büro in Brüssel ein. Auch wenn das Büro nicht direkt an Verfahren der EU beteiligt ist, fungiert die EPA-Delegation doch als Sprachrohr für die EPÜ-Vertragsstaaten, seien sie EU-Mitglieder oder nicht. Die Rolle des Brüsseler Büros gewinnt erheblich an Bedeutung, als die kontroversen Fragen der Patentierung von Gentechnik und Software in den Vordergrund rücken und nach einem einheitlichen Rahmen verlangen. Auf einer praktischen Ebene unterstützt das EPA daneben die Arbeiten zur Schaffung des lange angestrebten europäischen Einheitspatents.


1994: EPA bezieht Shell-Gebäude in Den Haag
Um seine Präsenz in der Stadt auszubauen, erwirbt das EPA ein Gebäude in Den Haag, das früher Shell gehört hatte.
1995: EPOQUE stellt elektronische Recherchetool bereit
Der elektronische Abfragedienst EPOQUE (EPO QUEry service) des EPA ermöglicht es den Patentprüfern, wichtige Dokumente rasch zu sichten, und gibt ihnen Zugriff auf über 10 Millionen Dokumente - eine Zahl, die sich in den drei Jahren nach 1995 mehr als verdreifachen wird. Der EPOQUE-II-Viewer arbeitet mit der Technologie der optischen Zeichenerkennung (OCR); damit werden 18 Millionen Seiten an Patentdokumenten in deutscher, englischer oder französischer Sprache mit einer Fehlerquote von maximal 2 % pro Seite digitalisiert. Derartige Entwicklungen machen den Abfragedienst zum fortschrittlichsten Recherchensystem der Welt.

1995: PACE-Programm läuft an
Das EPA stellt ein spezielles beschleunigtes Recherchen- und Prüfungsverfahren bereit.

1996: Ingo Kober wird neuer Präsident des EPA
Der frühere Staatssekretär im Bundesjustizministerium Ingo Kober wird zum dritten Präsidenten des EPA gewählt. Während seiner Amtszeit gewinnen die recherchierbaren digitalen Datenbanken des EPA gewaltig an Umfang; zur Jahrtausendwende erreicht der Datenbestand 20 Terabytes auf 20 Server verteilt. Als Kober das Amt verlässt, sind die ersten Staaten des ehemaligen Ostblocks der EPO beigetreten, und das Amt bearbeitet mehr als 170 000 Patentanmeldungen jährlich.
1998: Espacenet geht ans Netz
Mehr als jedes andere Produkt hat der Recherchendienst Espacenet die Patentinformation revolutioniert. Als Espacenet seinen Betrieb aufnimmt, werden damit fast 30 Millionen Patente kostenlos recherchierbar. Die bereitgestellten Informationen decken praktisch das gesamte in Patenten dokumentierte Wissen ab. Erstmals erhalten Unternehmen auf der ganzen Welt - darunter auch kleine und mittlere Unternehmen in Europa - sowie Erfinder, Forschungseinrichtungen und Hochschulen kostenfreien Zugang zu dem umfassendsten im Internet erhältlichen Informationsangebot zu Patenten.

1999: Regierungskonferenz zu EPLA tritt zusammen
Das Europäische Übereinkommen über Patentstreitigkeiten (EPLA) ist ein letztlich erfolgloser Versuch, ein integriertes Gerichtssystem für Patentstreitigkeiten in den EPO-Mitgliedstaaten zu schaffen. Es sollte das rechtliche Instrumentarium für das lange angestrebte einheitliche Patent bereitstellen.1999 wird eine Arbeitsgruppe „Streitregelung“ mit Vertretern der EPO-Mitgliedstaaten eingesetzt, die die praktischen Aspekte der Schaffung eines zentralisierten Gerichtssystems für Patentstreitigkeiten untersuchen soll. Obgleich deutliche Fortschritte erzielt wurden, wird das EPLA 2007 aufgegeben, nachdem das Europäische Parlament zu dem Schluss gekommen ist, dass EU-Mitgliedstaaten sich nicht daran beteiligen könnten.
Rückblick auf das Jahrzehnt
1990: Dänemark tritt der Europäischen Patentorganisation bei
1990: Euro-PCT Anmeldungen machen 25% des Anmeldeaufkommens aus
1991: Monaco tritt der Europäischen Patentorganisation bei
1992: Irland und Portugal treten der Europäischen Patentorganisation bei
1992: Alle EU-Mitgliedstaaten sind nun auch EPÜ-Vertragsstaaten
1992: EPA veröffentlicht 500 000. Patentanmeldung
1992: EPA erteilt 200 000. Patent
1995: EPA erteilt 300 000. Patent
1996: Erste EPA-Website online
1996: Finnland tritt der Europäischen Patentorganisation bei
1996: Jede zweite Anmeldung ist eine Euro-PCT-Anmeldung
1996: Das interne Klassifikationssystem umfasst nun 160 000 Untergliederungen
1997: Mehr als 100 000 Anmeldungen in einem einzigen Jahr eingereicht
1998: Zypern tritt der Europäischen Patentorganisation bei