F. Sprachen
Nach R. 3 (1) EPÜ (R. 1 (1) EPÜ 1973) kann sich jeder Beteiligte im schriftlichen Verfahren jeder Amtssprache bedienen.
In T 706/91 war die Beschwerde gemäß R. 1 (1) EPÜ 1973 in einer der Amtssprachen, nämlich in Deutsch, abgefasst worden. In dieser Sprache hatte der Beschwerdeführer auch Textstellen aus den Patentansprüchen und der Beschreibung des in der Verfahrenssprache Französisch abgefassten europäischen Patents zitiert. Die Kammer hielt diese Bezugnahmen für zulässig.
In G 4/08 (ABl. 2010, 572) stellte die Große Beschwerdekammer klar, dass die Organe des EPA im schriftlichen Verfahren zu einer europäischen Patentanmeldung oder zu einer internationalen Anmeldung in der regionalen Phase keine andere Amtssprache des EPA verwenden können als die Verfahrenssprache der Anmeldung gemäß Art. 14 (3) EPÜ (J 18/90, ABl. 1992, 511, ist damit überholt). In Bezug auf den Grundsatz der Einheitlichkeit der Verfahrenssprache für die Verfahren vor dem EPA (G 4/08) wies die Kammer in T 1787/16 darauf hin, dass für die schriftliche Ausfertigung der Entscheidung ausschließlich die Verfahrenssprache zu verwenden ist. Nur die Entscheidung in einer einheitlichen Verfahrenssprache wird auch den Anforderungen der R. 111(2) EPÜ an die Entscheidungsbegründung gerecht. Nach R. 4 (1) EPÜ (s. R. 2 (1) EPÜ 1973) kann sich jeder an einer mündlichen Verhandlung vor dem EPA Beteiligte anstelle der Verfahrenssprache einer anderen Amtssprache des EPA bedienen, sofern er dies entweder dem EPA spätestens einen Monat vor dem angesetzten Termin mitgeteilt hat oder selbst für die Übersetzung in die Verfahrenssprache sorgt. Gemäß R. 4 (5) EPÜ übernimmt das EPA, soweit erforderlich, auf seine Kosten die Übersetzung in die Verfahrenssprache und gegebenenfalls in seine anderen Amtssprachen, sofern ein Beteiligter nicht selbst für die Übersetzung zu sorgen hat.
In T 34/90 (ABl. 1992, 454) bekräftigte die Kammer den Grundsatz, dass das Beschwerdeverfahren keineswegs eine bloße Fortsetzung des erstinstanzlichen Verfahrens ist, sondern für die Zwecke einer Entscheidung über die Zulässigkeit der Verwendung einer anderen Amtssprache gemäß R. 2 (1) EPÜ 1973 (R. 4 (1) EPÜ) sowie für andere verfahrensrechtliche Belange ein von diesem vollständig getrenntes, unabhängiges Verfahren. Dementsprechend wies sie den Versuch des Beschwerdegegners zurück, sich der anderen, bereits in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung verwendeten Amtssprache zu bedienen, ohne dass er die für das anhängige Beschwerdeverfahren geltenden Erfordernisse der R. 2 (1) EPÜ 1973 erfüllt hätte.
S. auch die Mitteilung des Vizepräsidenten der GD 3, ABl. SA 3/2007, 118.
In T 774/05 stellte die Kammer fest, dass R. 2 (1) EPÜ 1973 (R. 4 (1) EPÜ) impliziert, dass ein Beteiligter sich für die Verwendung einer der in Art. 14 (1) EPÜ 1973 genannten Amtssprachen entscheiden kann und das Recht hat, in dieser Sprache zu sprechen und der Verhandlung zu folgen. Der Betreffende muss jedoch klar äußern, welcher Amtssprache er sich zu bedienen wünscht. Er hat dann Anspruch darauf, in dieser Sprache sowohl zu sprechen als auch zuzuhören, sofern die Bedingungen der R. 2 (1) EPÜ 1973 erfüllt sind. Er hat jedoch keinen Anspruch darauf, in einer bestimmten Sprache zu sprechen und der Verhandlung in einer anderen Sprache zu folgen.
In T 418/07 kündigte der Beschwerdegegner an, dass er sich in der mündlichen Verhandlung der deutschen Sprache bedienen werde (Verfahrenssprache war Englisch), und ersuchte die Kammer, für einen seiner Mitarbeiter, der an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werde und kein Deutsch spreche, für die Übersetzung vom Deutschen ins Englische zu sorgen. Die Kammer stellte fest, dass das Recht der Beteiligten auf Verdolmetschung aus einer der beiden anderen Amtssprachen durch R. 4 EPÜ eingegrenzt wird. Ein Beteiligter, der sich für die Verwendung einer Sprache entscheidet, die einer seiner eigenen Vertreter oder Mitarbeiter nicht versteht, kann nicht aus diesem Grund eine kostenlose Übersetzung beantragen. Die Kammer kann eine Übersetzung nicht nur deshalb bereitstellen, weil dies einem Beteiligten entgegenkommt.
In T 2422/10 wies die Kammer das Vorbringen des Beschwerdegegners zurück, er habe einen absoluten Anspruch auf Verdolmetschung ins Englische als die Verfahrenssprache. Die allgemeine Regel sei abzuwägen gegen den Grundsatz der Verfahrensökonomie und die Verpflichtung aller Dienste der Organisation einschließlich der Beschwerdekammern, im finanziellen Interesse des EPA zu handeln. Die Kammer befand, dass der Wortlaut von R. 4 (5) EPÜ es der Kammer erlaube, über die Notwendigkeit einer Verdolmetschung zu befinden (s. T 131/07). Der Vertreter des Beschwerdegegners sei offensichtlich vollkommen in der Lage, jeglichem mündlichen Vorbringen des Beschwerdeführers in deutscher Sprache ohne Dolmetscher zu folgen. S. auch T 2696/16.
In T 1895/13 hatte der Beschwerdeführer beanstandet, dass die mündliche Verhandlung vor der ersten Instanz ohne Dolmetscher stattgefunden habe, obwohl er eine Simultanübersetzung rechtzeitig beantragt habe. Er machte geltend, dass die Prüfungsabteilung in einem solchen Fall eine Übersetzung nicht nach eigenem Ermessen verweigern könne (R. 4 (1) EPÜ) und damit auch den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 113 (1) EPÜ) verletzt habe. Die Kammer verwies auf einen vergleichbaren Fall in der Sache T 2249/13. Dort hatte die Kammer in ihrer Mitteilung erklärt, dass selbst bei Vorliegen eines möglichen Verfahrensmangels der Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör anscheinend nicht wesentlich beeinträchtigt worden sei. Vielmehr habe der Beschwerdeführer nur hypothetische Probleme dargelegt, die allgemein auftreten könnten, wenn das Recht auf Äußerung in einer gewünschten Sprache eingeschränkt werde. Die Kammer im vorliegenden Fall fügte hinzu, dass der Hinweis auf ein potenzielles Problem nicht bedeutet, dass das Problem tatsächlich aufgetreten ist. Die Beweislast lag beim Beschwerdeführer, und dieser war seiner Verpflichtung zur Vorlage von Tatsachen für die Prüfung, ob eine wesentliche Rechtsverletzung vorlag, nicht nachgekommen.
In T 2109/15 wies die Kammer darauf hin, dass das EPÜ über R. 4 (1) und (5) EPÜ hinaus keine weiteren Anforderungen an die Bestellung von Dolmetschern durch einen Verfahrensbeteiligten enthält, und insbesondere keine Regelung, die eine gemeinsame Absprache zwischen den Verfahrensbeteiligten bei der Auswahl eines Dolmetschers voraussetzt. Der Einsprechende hatte nach eigenen Angaben professionelle Dolmetscher bestellt, die regelmäßig vor dem EPA in mündlichen Verhandlungen auftreten. Die Kammer konnte keine Gründe erkennen, um an einem fairen Verlauf der mündlichen Verhandlung und an der Wahrung des rechtlichen Gehörs für die Verfahrensbeteiligten zu zweifeln.
In T 2422/10 (s. oben) hatte der Beschwerdegegner einen Sachverständigen mitgebracht; die Kammer entschied unter Anwendung der Kriterien aus G 4/95 (ABl. 1996, 412), diesen nicht anzuhören. Unter den gegebenen Umständen sei eine Übertragung ins Englische für den Sachverständigen auf Kosten des EPA nicht gerechtfertigt, weil Begleitpersonen nicht automatisch Anspruch auf eine Übersetzung hätten.
Zu dem Thema Sprachenregelung in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich einer Begleitperson s. auch T 131/07 und R 3/08 (zu Letzterer s. unter Kapitel V.B.4.3.18).
Für einen Fall zum Ermessen des EPA nach R. 4 (1) letzter Satz EPÜ, Ausnahmen von diesen Vorschriften zuzulassen, s. T 982/08. Bezüglich der Kosten für die Übersetzung in der mündlichen Verhandlung s. ferner III.C.8.2. und T 2109/15.