3. Zulässigkeit
In T 1028/96 vom 15. September 1999 date: 1999-09-15 (ABl. 2000, 475) hielt die Kammer fest, dass das EPÜ zusätzlich zu den zwei in Art. 24 (3) EPÜ genannten Zulässigkeitskriterien in aller Regel verlangt, dass Einwände begründet, d. h. Tatsachen und Argumente zu ihrer Stützung angegeben werden. Daraus ergibt sich zum einen, dass eine Ablehnung, die auf rein subjektiven, unbegründeten Zweifeln basiert, als unzulässig zurückgewiesen werden sollte. Zum anderen ist auch eine Ablehnung unzulässig, die durch die vorgelegten Tatsachen und Beweismittel nicht gestützt wird (s. auch T 355/13).
In R 12/09 vom 3. Dezember 2009 date: 2009-12-03 verwies die Große Beschwerdekammer auf T 1028/96 date: 1999-09-15 und befand, dass die Frage der Zulässigkeit einschließt, ob der Antrag auf Ablehnung ausreichend substantiiert wurde. Ob ein Ablehnungsantrag ausreichend substantiiert ist, heißt nach der Meinung der Großen Beschwerdekammer, lediglich darüber zu entscheiden, ob der Antrag den minimalen Anforderungen an eine sachliche Begründung genügt, nicht jedoch, ob die Gründe überzeugen.
In T 1760/11 vom 13. November 2012 date: 2012-11-13 entschied die Kammer, dass nicht begründet worden war, warum der Vorsitzende aufgrund seiner über 13 Jahre zurückliegenden Anstellung bei der Kanzlei Regimbeau voreingenommen gegenüber dem Beschwerdegegner 6 oder einem der anderen Beteiligten sein sollte, und zwar unabhängig davon, ob er während seiner dortigen Anstellung den Beschwerdegegner 6 tatsächlich vertreten hatte oder nicht. Derart vage und unsubstanziierte Behauptungen können keinen Befangenheitseinwand begründen.
In T 1966/17 erachtete die Kammer die Besorgnis der Befangenheit des Beschwerdeführers 2 für nicht begründet. Dieser hatte einen Befangenheitsverdacht gegen alle Mitglieder der Kammer geäußert, nur weil sie seinem Vorbringen nicht zugestimmt und eine andere Meinung geäußert hatten. Angesichts dieser Argumentation war im Gegenteil nicht davon auszugehen, dass die Besorgnis der Befangenheit bei objektiver Betrachtung gerechtfertigt war, wie in G 1/05 vom 7. Dezember 2006 date: 2006-12-07 (ABl. 2007, 362, Nr. 20 der Gründe) gefordert. Aus diesem Grund allein, d. h. aufgrund der mangelnden Substanziierung erachtete die Kammer den Einwand der Befangenheit für unzulässig.
In G 1/21 vom 28. Mai 2021 date: 2021-05-28 befand die Große Beschwerdekammer – nachdem sie bereits in einer Zwischenentscheidung vom 17. Mai 2021 entschieden hatte, dass der Vorsitzende und ein weiteres Mitglied der Großen Beschwerdekammer in der von Ersterem bestimmten Besetzung gemäß Art. 24 (4) EPÜ ersetzt werden sollten – die vom Beschwerdeführer erhobenen vier Einwände gegen weitere Mitglieder der Kammer in ihrer neuen Besetzung für nicht zulässig (s. auch dieses Kapitel III.J.3.2). In seinem Einwand 1 machte der Beschwerdeführer eine Besorgnis der Befangenheit gegen zwei ständige Mitglieder der Kammer geltend, die er bereits vorher abgelehnt hatte. Diesen begründet er anders als seine ursprüngliche Ablehnung nicht mit deren Zugehörigkeit zum Präsidium der Beschwerdekammern, sondern mit ihrer Teilnahme an einem Treffen mit Nutzervertretern und ihrer möglichen Beteiligung am Entwurf und an der Vorstellung eines Änderungsvorschlags zur Verfahrensordnung der Beschwerdekammern. Die Große Beschwerdekammer entschied, dass dieser Einwand nicht dem Mindeststandard genügte, wonach die Ablehnung objektiv begründet und belegt sein muss. Die Argumentation basierte nicht auf Tatsachen ("wir haben Grund zu der Annahme …"), sondern auf Spekulation. Dem Beteiligten, der den Einwand erhebt, obliegt es, diesen durch entsprechende Tatsachen und Argumente zu untermauern.
Bezüglich der Einwände 1, 2 und 4 stellte die Große Beschwerdekammer außerdem fest, dass sie nicht personenspezifisch, sondern sehr allgemein waren; sie könnten ebenso gut auf jedes an internen Beratungen oder an Treffen mit Stakeholdern teilnehmende Kammermitglied (Einwand 1), auf alle Mitglieder der Großen Beschwerdekammer (Einwand 2) oder auf alle internen Mitglieder der Großen Beschwerdekammer und der Beschwerdekammern (Einwand 4) zutreffen. Sie fand es fragwürdig, ob ein so allgemeiner und unspezifischer Einwand als Besorgnis der Befangenheit im Sinne von Art. 24 EPÜ gewertet werden könne. In Bezug auf Einwand 1 erklärte die Große Beschwerdekammer, dass eine bloße Beschränkung des Einwands auf bestimmte Mitglieder diesem noch keine Begründetheit im Hinblick auf die betreffenden Mitglieder verleihe und nicht glaubhaft machen könne, dass er personenspezifisch sei. Was Einwand 2 betrifft, ist die Tatsache, dass Art. 24 EPÜ die unspezifischen und spekulativen Bedenken des Beschwerdeführers nicht angemessen ausräumen kann, ein starkes Indiz dafür, dass er nicht für Einwände gedacht ist, die ausschließlich auf allgemeinen Gründen beruhen. Bezüglich des Einwands 4, der darauf abhob, dass die Wiederernennung von Mitgliedern der Beschwerdekammern und der Großen Beschwerdekammer unter anderem von einer positiven Stellungnahme des Präsidenten der Beschwerdekammern abhängig ist, der auch Vorsitzender der Großen Beschwerdekammer ist, erklärte die Kammer, dass der Mechanismus des Art. 24 EPÜ nicht für Einwände bestimmt ist, die ausschließlich auf solch allgemeinen, institutionellen Bedenken beruhen, und diese folglich auch nicht ausräumen kann. Art. 24 EPÜ für die vom Beschwerdeführer geltend gemachten allgemeinen, institutionellen Bedenken heranzuziehen, könnte im Extremfall zu einer völligen Blockierung des vorliegenden Verfahrens führen.