9.3.2 Ungeprüfte Fragen der Patentierbarkeit
Dieser Abschnitt wurde aktualisiert, um die Rechtsprechung und Gesetzänderungen bis 31. Dezember 2023 zu berücksichtigen. Die vorherige Version dieses Abschnitts finden Sie in "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", 10. Auflage (PDF). |
Da der Hauptzweck des Beschwerdeverfahrens darin besteht, der unterlegenen Partei die Möglichkeit zu geben, eine Entscheidung sachlich anzufechten, wurde die Zurückverweisung gemäß Art. 111 (1) EPÜ von den Kammern in der Regel dann in Erwägung gezogen, wenn wesentliche Fragen zur Patentierbarkeit des beanspruchten Gegenstands von der erstinstanzlichen Abteilung noch nicht geprüft und entschieden wurden. Dies gilt sowohl für Ex-parte- als auch für Inter-partes-Verfahren.
Die Zurückverweisung wird von den Kammern insbesondere dann in Erwägung gezogen, wenn eine erstinstanzliche Abteilung eine Entscheidung zuungunsten eines Beteiligten allein auf der Grundlage eines bestimmten, für den Fall entscheidenden Punkts erlässt und Punkte offen lässt, die dies nicht waren oder zu denen Bemerkungen obiter dicta gewesen wären. Dies kann der Fall sein, wenn in der ersten Instanz ein bestimmter Einwand für das Schicksal der Anmeldung oder des Patents entscheidend ist; in solchen Fällen werden weitere Einwände von der erstinstanzlichen Abteilung nicht unbedingt geprüft. Derartige weitere Einwände können jedoch relevant werden, wenn der im erstinstanzlichen Verfahren als entscheidend angesehende Einwand im Beschwerdeverfahren ausgeräumt wird oder die Kammer die in der Entscheidung vertretene Rechtsansicht aufgibt (s. z. B. T 986/16).
In mehreren solchen Entscheidungen war die Kammer der Ansicht, dass besondere Gründe im Sinne von Art. 11 VOBK 2020 für die Zurückverweisung des Falls darin lagen, dass die Kammer diese Einwände ansonsten erstmals hätte prüfen müssen.
Diese bestehende Praxis setzt das vorrangige Ziel des Beschwerdeverfahrens gemäß Art. 12 (2) VOBK 2020 um, die angefochtene Entscheidung gerichtlich zu überprüfen.
Die Kammern haben wiederholt ausgeführt, dass Art. 11 VOBK 2020 in Verbindung mit Art. 12 (2) VOBK 2020 zu lesen ist, der vorsieht, dass das vorrangige Ziel des Beschwerdeverfahrens darin besteht, die angefochtene Entscheidung gerichtlich zu überprüfen (T 731/17). Dieser Grundsatz würde missachtet, wenn die Kammer eine vollständige Prüfung der Anmeldung oder des Patents durchführen würde (T 1966/16, s. auch T 547/14, T 275/15, T 1077/17, T 1508/17, T 2519/17, T 3218/19).
In den folgenden Unterkapiteln lagen besondere Gründe vor, die eine Zurückverweisung an die erste Instanz rechtfertigten.