1.7. Disclaimer
Der Begriff "Disclaimer" wird in den Entscheidungen G 1/03 (mit G 2/03 identisch) (ABl. 2004, 413, 448), G 2/10 (ABl. 2012, 376) und G 1/16 (ABl. 2018, A70) im Sinne einer Änderung eines Anspruchs verwendet, die in der Aufnahme eines "negativen" technischen Merkmals in den Anspruch resultiert, womit bestimmte Ausführungsformen oder Bereiche eines allgemeinen Merkmals ausgeschlossen werden.
G 1/16 stimmt außerdem mit T 1870/08 überein, dass ein Disclaimer nur dann sachgerecht ist, wenn der verbleibende Rechtsgegenstand weniger umfasst als derjenige des ungeänderten Anspruchs. Kann ein Gegenstand ermittelt werden, der nach der Änderung durch den vorgeschlagenen Disclaimer unter den Schutzbereich des Anspruchs fällt, vor der Änderung aber nicht darunter fiel, ist der Disclaimer nicht sachgerecht und somit nach Art. 123 (2) EPÜ unzulässig.
In T 1870/08 gab die Kammer das Beispiel einer negativen Formulierung, mit der ein einschränkendes Merkmal gestrichen wird: Diese Formulierung mag zwar wie ein Disclaimer erscheinen, kann in Wirklichkeit jedoch den rechtlichen Schutzbereich erweitern.
Der Begriff "nicht offenbarter Disclaimer" bezieht sich auf Fälle, in denen weder der Disclaimer selbst noch der durch ihn ausgeklammerte Gegenstand in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung offenbart war. Der Begriff "offenbarter Disclaimer" bezieht sich auf Fälle, in denen der Disclaimer selbst nicht in der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung offenbart war, der durch ihn ausgeklammerte Gegenstand aber aus dieser ursprünglich eingereichten Fassung herleitbar ist, z. B. aus einer Ausführungsform. Somit lassen sich nicht offenbarte Disclaimer und offenbarte Disclaimer danach unterscheiden, ob der Gegenstand, auf dem der jeweilige Disclaimer beruht, dem Fachmann, der allgemeines Fachwissen heranzieht, in der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung unmittelbar und eindeutig offenbart wird, sei es implizit oder explizit (G 1/16).