9.2. Ermessensausübung bei Zurückverweisung
Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern besteht kein grundsätzliches Recht der Parteien auf die Prüfung eines Sachverhalts in zwei Instanzen. Danach hat ein Verfahrensbeteiligter keinen absoluten Anspruch darauf, dass jede einzelne Frage von zwei Instanzen geprüft wird, denn Art. 111 (1) Satz 2 EPÜ stellt es in das Ermessen der Kammer, bei ihrer Entscheidung über die Beschwerde entweder im Rahmen der Zuständigkeit des erstinstanzlichen Organs tätig zu werden oder die Angelegenheit an dieses Organ zurückzuverweisen (R 9/10, T 83/97, T 133/87, T 557/94, T 402/01 vom 21. Februar 2005 date: 2005-02-21, T 399/04, T 1252/05, T 1363/10, T 1803/14, T 1521/15, T 418/17, T 113/18). Dabei sind die Umstände des Falles zu würdigen, wobei u. a. auch der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie eine Rolle spielt (T 392/89 vom 3. Juli 1990 date: 1990-07-03, T 1376/07, T 1253/09, T 2266/13). Es ist unbestritten, dass jeder Beteiligte nach Möglichkeit die Gelegenheit erhalten sollte, die wichtigen Bestandteile eines Falls in zwei Instanzen prüfen zu lassen (T 1084/03, T 1907/06, T 286/09, T 1627/17).
In T 2839/19 stellte die Kammer fest, dass es zwar keinen absoluten Anspruch auf Entscheidung einer Frage durch zwei Instanzen gibt, es aber auch nicht die Aufgabe der Kammer ist, Fragen zu erörtern und zu entscheiden, die von der ersten Instanz überhaupt nicht geprüft wurden.
In T 270/19 wies die Kammer darauf hin, dass bei der Ausübung des Ermessens die maßgebenden Umstände des Einzelfalls in Betracht zu ziehen sind. Dabei ist insbesondere abzuwägen, ob noch weitere Ermittlungen anzustellen sind, ob sich der Sachverhalt gegenüber dem angefochtenen Beschluss erheblich geändert hat, und welche Stellung der Anmelder zum "Instanzverlust" einnimmt. Welche Bedeutung den einzelnen Erwägungen zukommt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
- T 884/22
Catchword:
Zu einem Antrag auf Zurückverweisung zur weiteren Prüfung von erstinstanzlich nicht behandelten Hilfsanträgen, Gründe 4.1 und 4.2