2.7. Kategoriewechsel
Nach der ständigen Rechtsprechung verleiht ein Erzeugnisanspruch allen Verfahren zur Herstellung des Erzeugnisses Schutz, sodass der Wechsel von einem Erzeugnisanspruch zu einem Anspruch auf ein bestimmtes Verfahren oder eine bestimmte Methode zur Herstellung des Erzeugnisses den dadurch verliehenen Schutz nicht erweitert (T 674/02 unter Verweis auf T 54/90, T 28/92, T 468/97, T 554/98; s. auch T 191/90, T 762/90, T 153/91, T 601/92, T 646/98, T 425/02, T 1139/06).
In T 423/89 wurde der Kategoriewechsel von einem Product-by-Process-Anspruch zu einem (Herstellungs-) Verfahrensanspruch zugelassen. In T 402/89 wird allerdings in einem obiter dictum auf Schwierigkeiten bei der Auslegung des Begriffs "Schutzbereich" ("protection conferred") hingewiesen.
In T 5/90 war das Patent mit einem Anspruch in folgender Form erteilt worden: "Erzeugnis mit den Erzeugnismerkmalen x und den für die Verfahrensschritte y charakteristischen Product-by-Process-Merkmalen". Dieser Anspruch erwies sich jedoch als nicht neu. Deshalb beanspruchte der Patentinhaber schließlich ein "Verfahren zur Herstellung eines Erzeugnisses mit den Erzeugnismerkmalen x mittels der Verfahrensschritte y und z". Die Kammer legte einen solchen Anspruch dahin gehend aus, dass er die Verfahrensschritte nur insoweit abdecke, als aus ihnen tatsächlich ein Erzeugnis mit den Erzeugnismerkmalen x hervorgehe. Die Kammer prägte hierfür den Begriff des durch das Erzeugnis beschränkten Verfahrensanspruchs (process-limited-by-product claim). Nach Art. 64 (2) EPÜ 1973 würde sich der Schutz auch auf das aus diesem Verfahren unmittelbar hervorgehende Erzeugnis erstrecken, wobei dieses aber zwangsläufig unter den Schutzbereich des ursprünglich erteilten Erzeugnisanspruchs fiele. Die Kammer sah durch einen solchen durch das Erzeugnis beschränkten Verfahrensanspruch die Anforderungen des Art. 123 (3) EPÜ 1973 eindeutig erfüllt, da ein solcher Anspruch nur verletzt werde, wenn das nach ihm hergestellte Erzeugnis unter den ursprünglich erteilten Erzeugnisanspruch falle und außerdem das besondere Herstellungsverfahren mit den Verfahrensschritten z zum Einsatz komme (s. auch T 562/04).
In T 20/94 umfasste das Patent in der erteilten Fassung ausschließlich Verfahrensansprüche für die Herstellung eines Erzeugnisses. In der geänderten Fassung enthielt es einen Erzeugnisanspruch für das Erzeugnis selbst. Die Kammer argumentierte, dass der Schutz, den ein auf das Verfahren zur Herstellung eines Erzeugnisses gerichteter Anspruch verleihe, sich auf das unmittelbar durch dieses Verfahren hergestellte Erzeugnis erstrecke (Art. 64 (2) EPÜ 1973), dieses Erzeugnis aber nicht geschützt wäre, wenn es durch irgendein anderes Verfahren hergestellt würde. Dagegen sei der Schutz, den ein auf das Erzeugnis selbst gerichteter Anspruch verleihe, für dieses Erzeugnis absolut, d. h., der Erzeugnisanspruch schütze dieses Erzeugnis unabhängig von dem Verfahren, durch das es hergestellt wurde. Der Beschwerdeführer versuchte, diesen Einwand auszuräumen, indem er den geänderten Erzeugnisanspruch als einen Product-by-Process-Anspruch unter Verwendung des Begriffs "unmittelbar hergestellt" abfasste. Die Kammer lehnte dies ab und erklärte, dass ein Product-by-Process-Anspruch als ein Anspruch ausgelegt werde, der auf das Erzeugnis selbst gerichtet sei, weil die Bezugnahme auf ein Verfahren für seine Herstellung nur dem Zweck diene, den Gegenstand zu definieren, für den Schutz begehrt werde, nämlich ein Erzeugnis. Somit verstoße der geänderte Anspruch 1 im vorliegenden Fall gegen Art. 123 (3) EPÜ 1973.
In T 1206/01 wird noch einmal hervorgehoben, dass ein Erzeugnisanspruch nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern Schutz für dieses Erzeugnis unabhängig von dem Verfahren zu seiner Herstellung verleiht. Daher wird der Schutzbereich durch einen Wechsel der Kategorie von einem gewährten Erzeugnisanspruch hin zu einem Verfahrensanspruch, der auf ein Verfahren oder mehrere Verfahren zur Herstellung dieses Erzeugnisses beschränkt ist, nicht erweitert.