4.3.4 Ermessen nach Artikel 12 (4) VOBK 2020
Dieser Abschnitt wurde aktualisiert, um die Rechtsprechung und Gesetzänderungen bis 31. Dezember 2023 zu berücksichtigen. Die vorherige Version dieses Abschnitts finden Sie in "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", 10. Auflage (PDF). |
In T 1897/20 (Ex-parte-Verfahren) erklärte die Kammer bezüglich des Hauptantrags und des ersten Hilfsantrags, dass die Weglassung von aus dem Stand der Technik bekannten Merkmalen üblicherweise ungeeignet ist, um Einwände betreffend die erfinderische Tätigkeit auszuräumen. Sie befand zudem, dass eine Zulassung dieser Anträge gegen das Gebot der Verfahrensökonomie verstößen hätte, weil sie möglichweise eine Zurückverweisung an die erste Instanz notwendig gemacht hätte. Siehe auch T 1780/20, die eine Änderung unabhängiger Ansprüche durch die Aufnahme von Merkmalen aus der Beschreibung betraf.
In T 1785/20 (Ex-parte-Verfahren) erklärte die Kammer mit Verweis auf die Verfahrensökonomie, dass durch die Änderungen eine Reihe neuer potenzieller Mängel (nämlich Fragen der Anspruchsauslegung, die prima facie auf einen Klarheitsmangel hindeuteten) eingeführt würden, die im Falle einer Zulassung der Änderungen zu behandeln wären.
Ein weiterer Fall, in dem die Beschwerdekammer den betreffenden Antrag nicht zuließ, weil er gegen das Gebot der Verfahrensökonomie verstoßen hätte, ist z. B. T 1161/20. Für einen Fall, in dem die Zulassung neuer, auf einen anderen Stand der Technik gestützter Angriffe dem Gebot der Verfahrensökonomie widersprochen hätte, siehe T 526/21.
Gegenbeispiele, in denen die neuen Anträge nicht im Widerspruch zur Verfahrensökonomie standen, sind in T 121/20 und T 3240/19 zu finden. In beiden Fällen wurden die Hilfsanträge bei der erstmöglichen Gelegenheit gestellt, mit den betreffenden Änderungen eindeutig die erhobenen Einwände ausgeräumt und keine zusätzlichen Fragen aufgeworfen. Siehe auch T 869/20 (Inter-partes-Verfahren, unkomplizierte Klarheitseinwände).
In T 1657/20 ließ die Kammer die Entgegenhaltung A8 primär wegen deren Eignung zur Behandlung der Fragestellungen, die zu der angefochtenen Entscheidung geführt hatten, zum Beschwerdeverfahren zu (also – wie von der Kammer erläutert – wegen deren Prima-facie-Relevanz, die von der Einspruchsabteilung verneint worden war). Sie berücksichtigte aber, dass auch die beiden anderen in Art. 12 (4) letzter Satz VOBK 2020 genannten Kriterien nicht gegen eine Zulassung sprachen. Auch erschien der Kammer eine Verlagerung der Behandlung von A8 in etwaige spätere nationale Nichtigkeitsverfahren in der vorliegenden Konstellation nicht als sachgerechte Lösung, auch wenn Art. 12 (4) VOBK 2020 diesen Aspekt der institutionsübergreifenden Verfahrensökonomie wohl nicht direkt regelt. Da die dortige Auflistung aber explizit nicht abschließend ist, berücksichtigte sie auch diesen Aspekt, wenn auch nicht mit gleichem Gewicht wie die anderen.