4.3.7 Vorbringen, das im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen gewesen wäre oder dort nicht mehr aufrechterhalten wurde – Artikel 12 (6) Satz 2 VOBK 2020
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Art. 12 (6) Satz 2 VOBK 2020 impliziert, dass das betreffende Vorbringen in der ersten Instanz nicht vorgebracht wurde. Der Test des Art. 12 (6) Satz 2 VOBK 2020 wird daher oft im Rahmen der Ermessensausübung nach Art. 12 (4) VOBK 2020 angewandt. Siehe z. B. J 12/18, T 1081/20, T 3240/19. In anderen Entscheidungen wird diese Frage ohne Verweis auf Art. 12 (4) VOBK 2020 behandelt. Zum Konzept der Änderung nach Art. 12 (2) und (4) VOBK 2020 siehe obiges Kapitel V.A.4.2.1. In T 141/20 bezeichnete die Kammer Art. 12 (6) VOBK 2020 als lex specialis zu Art. 12 (4) VOBK 2020.
Art. 12 (6) Satz 2 VOBK 2020 verbalisiert und kodifiziert (wie schon zuvor Art. 12 (4) VOBK 2007) den Grundsatz, dass jeder Beteiligte alle Tatsachen, Beweismittel, Argumente und Anträge, die relevant erscheinen, so früh wie möglich vorlegen sollte, um ein faires, zügiges und effizientes Verfahren sicherzustellen (T 101/17 mit Verweis auf T 162/09 und T 1848/12).
Die Wiedereinführung eines Gegenstands, auf dessen Überprüfung in erster Instanz bewusst verzichtet wurde, widerspricht dem in Art. 12 (2) VOBK 2020 normierten Zweck des Beschwerdeverfahrens als Überprüfungsinstanz. Entsprechende Anträge sind daher in der Regel nach Art. 12 (6) Satz 2 erster Halbsatz VOBK 2020 nicht zuzulassen (T 1456/20).
Wie für Art. 12 (6) Satz 1 VOBK 2020 (s. Kapitel V.A.4.3.6 a)) prüfen die Kammern nach der Feststellung, dass die betreffenden Anträge, Tatsachen, Einwände oder Beweismittel erstinstanzlich vorzubringen gewesen wären, in einem zweiten Schritt, ob die Umstände der Beschwerdesache eine Zulassung rechtfertigen. Siehe nachstehendes Kapitel V.A.4.3.7 r).