4.3.7 Vorbringen, das im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen gewesen wäre oder dort nicht mehr aufrechterhalten wurde – Artikel 12 (6) Satz 2 VOBK 2020
Dieser Abschnitt wurde aktualisiert, um die Rechtsprechung und Gesetzänderungen bis 31. Dezember 2023 zu berücksichtigen. Die vorherige Version dieses Abschnitts finden Sie in "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", 10. Auflage (PDF). |
In T 868/20 wurde der Hilfsantrag 2 erstmalig mit der Beschwerdebegründung eingereicht, nachdem die Einspruchsabteilung in der mündlichen Verhandlung ihre in der vorläufigen Einschätzung vertretene Meinung dahin gehend geändert hatte, dass der erteilte Anspruch 8 nicht neu sei. Dies erklärte, so die Kammer, warum der Patentinhaber vor der Verhandlung keine für diese Situation angepassten Hilfsanträge vorbereiten konnte. Stattdessen wurden die bereits mit der Einspruchserwiderung eingereichten Hilfsanträge weiter verfolgt. Einer davon wurde für gewährbar erachtet. Mit der Einreichung des Hilfsantrags 2 verfolgte der Patentinhaber nun das legitime Ziel, das erteilte Patent weniger stark einzuschränken als in der für gewährbar gehaltenen Fassung. Unter Berücksichtigung weiterer Ermessensgesichtspunkte entschied die Kammer, den Hilfsantrag zum Verfahren zuzulassen.
In der Sache T 847/20 hingegen, in der die Einspruchsabteilung ebenfalls von ihrer in der mündlichen Verhandlung vertretenen vorläufigen Einschätzung abgewichen war, befand die Kammer, dass die strittigen Hilfsanträge, die erstmals mit der Beschwerdebegründung eingereicht wurden, nichtsdestotrotz im Verfahren vor der Einspruchsabteilung hätten vorgelegt werden müssen. Der Einwand, den der Beschwerdeführer (Patentinhaber) ausräumen wollte, war bereits in der Einspruchsschrift enthalten. Zwar änderte sich die Einschätzung der Einspruchsabteilung im Verlauf des Verfahrens, doch hatte der Beschwerdeführer mehrfach Gelegenheit, auf diesen Einwand mit der Einreichung neuer Anträge einzugehen, und reichte während der mündlichen Verhandlung auch mehrere Anträge zu diesem Zweck ein. Die Kammer konnte keinen triftigen Grund erkennen, der die Einreichung weiterer Anträge zur Behandlung eben dieser Fragestellung in der Beschwerdephase rechtfertigen würde.