3.4. Geheimhaltungsverpflichtung
In T 541/92 hatte eine beauftragte Firma der Auftraggeberin Zeichnungen eines Anlageentwurfs übermittelt. Die Kammer war der Auffassung, dass in einem solchen Fall eine Geheimhaltungsverpflichtung bestehe. Dies ergebe sich aus der allgemeinen Praxis, dass Auftraggeber und Auftragnehmer ihre Projekte geheim hielten. Für die gegenteilige Annahme müsse ein überzeugender Beweis erbracht werden. Auch in T 887/90 wurde die Geheimhaltungsverpflichtung aus den Umständen hergeleitet.
Im Fall T 1076/93 hatte der Einsprechende einer waffenherstellenden Firma ohne ausdrückliche Vereinbarung der Geheimhaltung einen den Gegenstand der Erfindung vorwegnehmenden Apparat angeboten und ihr Zeichnungen zur Verfügung gestellt. Die Kammer hielt die Vorbenutzung für nicht neuheitsschädlich, da sich aus zahlreichen Umständen eine Geheimhaltungspflicht ergebe. Nach Meinung der Kammer ist allgemein bekannt, dass im Produktions- und Verwaltungsbereich solcher Unternehmen eine Geheimhaltungspflicht gilt.
In T 818/93 waren etliche Kontaktaufnahmen und Schritte im Rahmen von geschäftlichen Beziehungen erfolgt, die zur Realisierung des Projekts notwendigerweise geknüpft werden mussten. Die Kammer stellte fest, dass derartige Verhandlungen ihrem Wesen nach vertraulich seien, da die Interessen der Beteiligten vergleichbar seien, und sie das Bestehen einer Geheimhaltungsvereinbarung implizierten.
In T 480/95 handelte es sich bei dem Dokument, auf das sich die Einspruchsabteilung bezog und das sie als für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit relevante Vorveröffentlichung ansah, um einen Brief, den der Einsprechende einem Kunden im Rahmen der Geschäftsbeziehungen zwischen den beiden Gesellschaften zugesandt hatte. Nach Ansicht der Beschwerdekammer stellte dies ein typisches Beispiel für eine ihrem Wesen nach vertrauliche Korrespondenz zwischen Vertragspartnern dar.