4.3.4 Ermessen nach Artikel 12 (4) VOBK 2020
Dieser Abschnitt wurde aktualisiert, um die Rechtsprechung und Gesetzänderungen bis 31. Dezember 2023 zu berücksichtigen. Die vorherige Version dieses Abschnitts finden Sie in "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", 10. Auflage (PDF). |
Im Ex-Parte-Verfahren T 714/20 basierte der Hauptantrag auf einem vor der ersten Instanz nicht aufrechterhaltenen Antrag und enthielt eine zusätzliche Änderung zur Ausräumung eines in der angefochtenen Entscheidung erhobenen Klarheitseinwands. Auch der zweite Hilfsantrag entsprach einem der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Hilfsantrag, der von der Prüfungsabteilung nicht zugelassen worden war und der ebenfalls eine zusätzliche Änderung zur Ausräumung des besagten Klarheitseinwands enthielt. Die Kammer erklärte, dass Art. 12 (6) VOBK 2020 als solcher hier nicht anwendbar war, da die nicht aufrechterhaltenen und nicht zugelassenen Anträge geändert worden waren. Sie war jedoch der Auffassung, dass die in Art. 12 (6) VOBK 2020 aufgeführten Grundsätze für die Zulassung nicht aufrechterhaltener oder nicht zugelassener Anträge im Rahmen des Ermessens nach Art. 12 (4) VOBK 2020 berücksichtigt werden können. Bezüglich des Hauptantrags erklärte die Kammer, dass die als Reaktion auf den Klarheitseinwand vorgenommene Änderung in keinem Zusammenhang stand mit der im erstinstanzlichen Verfahren vorgenommenen Änderung bei der Ersetzung des nicht aufrechterhaltenen Antrags. Auch bezüglich des zweiten Hilfsantrags befand die Kammer, dass die aus Klarheitsgründen vorgenommene Änderung in keinem Zusammenhang stand mit den Gründen für die Nichtzulassung des entsprechenden erstinstanzlichen Antrags. Außerdem befand sie, dass die Ermessensentscheidung der Prüfungsabteilung vertretbar war. Die Anträge wurden nicht zugelassen.
In der Sache T 1161/20 entsprach der Anspruch 1 des mit der Beschwerdegründung eingereichten Hilfsantrags 1 einem unabhängigen Anspruch eines im Einspruchsverfahren eingereichten, aber in der dortigen mündlichen Verhandlung zurückgenommenen Antrags. Laut der Kammer war also zu klären, ob im vorliegenden Fall Art. 12 (6) Satz 2 VOBK 2020 anzuwenden war, obgleich nicht der vollständige vorliegende Hilfsantrag 1 dem im Einspruchsverfahren zurückgenommenen Antrag entsprach, sondern nur ein unabhängiger Anspruch. Die Kammer erklärte, dass die Wiedereinführung dem Zweck von Art. 12 (6) Satz 2 VOBK 2020 zuwiderlaufe, ließ die Frage aber offen, da sie bei ihrer Ermessensausübung neben den Kriterien des Art. 12 (4) Satz 5 VOBK 2020 auch den Grundsatz des Art. 12 (6) Satz 2 VOBK 2020 berücksichtigen könne (s. T 714/20). Der Einspruchsabteilung war die Möglichkeit genommen worden, eine Entscheidung über den Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 des vorliegenden Hilfsantrags 1 zu treffen. Den Antrag zuzulassen, verstieße gegen das Gebot der Verfahrensökonomie.