3.2. Gegenstandsprüfung
Art. 12 (2) VOBK 2020 lautet wie folgt: Im Hinblick auf das vorrangige Ziel des Beschwerdeverfahrens, die angefochtene Entscheidung gerichtlich zu überprüfen, ist das Beschwerdevorbringen der Beteiligten auf die Anträge, Tatsachen, Einwände, Argumente und Beweismittel zu richten, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegen. In den Erläuterungen zu Art. 12 (2) VOBK 2020 (Zusatzpublikation 2, ABl. 2020) heißt es, dass dieser Absatz in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern eine allgemeine Definition von Art und Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gibt. Die Beschwerdekammern bilden in Verfahren vor dem Europäischen Patentamt die erste und letzte gerichtliche Instanz. In dieser Eigenschaft überprüfen sie die angefochtenen Entscheidungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht.
In T 1604/16 verwies die Kammer auf die Erläuterungen zu Art. 12 (2) VOBK 2020, wonach die Kammern befugt sind, angefochtene Entscheidungen vollumfänglich, also in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen. Dies steht im Einklang mit Art. 6 EMRK, wonach es mindestens eine gerichtliche Instanz geben muss, die eine Sache vollumfänglich, d. h. in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht überprüfen kann, und die Beschwerdekammern die einzige gerichtliche Instanz sind, die erstinstanzliche Entscheidungen des EPA überprüfen können. Die Kammer war sich sehr wohl dessen bewusst, dass es Rechtsprechung gibt, die die Befugnis der Kammern zur Überprüfung von Ermessensentscheidungen der ersten Instanz unter bestimmten Umständen einschränkt (G 7/93, ABl. 1994, 775 und die daran anknüpfende Rechtsprechung), doch erachtete sie die Würdigung von Beweismitteln nicht als eine Ermessensentscheidung. S. dazu auch unter Kapitel V.A.3.4. "Überprüfung erstinstanzlicher Ermessensentscheidungen".