6.6. Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten
Vormals Abschnitt I.A.2.5.1. Dieser Abschnitt wurde aufgrund von Aktualisierungen in vorhergehenden Abschnitten umnummeriert. Am Inhalt dieses Abschnitts wurden keine Änderungen vorgenommen. |
Nach Art. 52 (2) c) EPÜ werden insbesondere Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten nicht als Erfindungen im Sinne von Art. 52 (1) EPÜ angesehen. Art. 52 (3) EPÜ schließt die Patentierbarkeit derartiger Verfahren jedoch nur insoweit aus, als sich die Patentanmeldung – und damit tatsächlich der beanspruchte Gegenstand, der bestimmt, wofür Schutz begehrt wird – auf ein Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten als solches bezieht. Kommen beim beanspruchten Verfahren jedoch technische Mittel zum Einsatz, so bezieht es sich nicht auf ein Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten als solches und ist daher nicht von der Patentierung ausgeschlossen (s. auch T 258/03, ABl. 2004, 575).
Reine Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten als solche sind nicht patentfähig (Art. 52 (2) und (3) EPÜ 1973). Verfahren, bei denen es nur um wirtschaftsorientierte Konzeptionen und Verfahrensweisen für geschäftliche Tätigkeiten geht, sind keine Erfindungen im Sinne des Art. 52 (1) EPÜ 1973. Ein Verfahrensmerkmal, das die Verwendung technischer Mittel für einen rein nichttechnischen Zweck und/oder zur Verarbeitung rein nichttechnischer Informationen betrifft, verleiht einem solchen Verfahren nicht zwangsläufig technischen Charakter (s. z. B. T 931/95, ABl. 2001, 441).
In T 931/95 (ABl. 2001, 441) setzte sich die Kammer mit der Patentierbarkeit von Erfindungen auseinander, die Geschäftsverfahren betreffen. Anspruch 1 des Hauptantrags bezog sich auf ein Verfahren zur Kontrolle eines Pensionskassensystems durch Verwaltung mindestens eines angeschlossenen Arbeitgeberkontos. Die Kammer stellte fest, dass das Verfahren, auch wenn es technisch sei oder in anderen Worten technischen Charakter aufweise, trotzdem ein Verfahren für eine geschäftliche Tätigkeit, aber nicht ein Verfahren für eine geschäftliche Tätigkeit als solche sei. Jedoch seien alle Merkmale des Anspruchs 1, d. h. die einzelnen Schritte zur Definition des beanspruchten Verfahrens, Schritte zur Verarbeitung oder Erzeugung von Informationen mit rein administrativem, versicherungsmathematischem und/oder finanziellem Charakter. Verarbeitung und Erzeugung solcher Informationen seien typische Schritte geschäftlicher oder wirtschaftlicher Verfahren. Daher gehe die beanspruchte Erfindung nicht über ein Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten als solche hinaus und sei nach Art. 52 (2) c) EPÜ 1973 i. V. m. Art. 52 (3) EPÜ 1973 nicht patentfähig.
In T 854/90 (ABl. 1993, 669) meldete ein Computerhersteller ein Verfahren zum Betreiben und zur Handhabung einer elektronischen Selbstbedienungsmaschine, z. B. eines Bankautomaten, an, die der Kunde mittels einer beliebigen maschinenlesbaren Karte benutzen konnte. Wer die Benutzungsberechtigung für einen solchen Automaten erwerben wollte, musste bei der ersten Benutzung eine beliebige maschinenlesbare Karte einführen, deren Identifizierungsmerkmale gespeichert wurden, und über eine Tastatur in ein "elektronisches Antragsformular" Informationen über seine Kreditwürdigkeit eingeben. Aufgrund dieser Informationen konnte über die künftige Benutzungsberechtigung entschieden werden, und der neu zugelassene Nutzungsberechtigte konnte sich mit der beim ersten Mal verwendeten Karte als solcher ausweisen. Die Kammer verneinte die Patentfähigkeit: Ein Teil der beanspruchten Verfahrensschritte stelle lediglich eine Anweisung für die Bedienung der Maschine dar, und die Verwendung technischer Komponenten ändere nichts an der Tatsache, dass eine geschäftliche Methode als solche beansprucht sei. Die Kammer stellte fest, dass ein Anspruch, der – als Ganzes betrachtet – im Wesentlichen eine geschäftliche Transaktion betrifft, keinen technischen Charakter auf weist und nicht auf eine patentfähige Erfindung im Sinne des Art. 52 (1) EPÜ 1973 gerichtet ist, auch wenn das beanspruchte Verfahren Schritte mit einer technischen Komponente enthält. Die wahre Natur des beanspruchten Gegenstands bleibt dieselbe, auch wenn zur Ausführung technische Mittel benutzt werden.
Eine geschäftliche Tätigkeit bleibt auch dann vom Patentschutz ausgeschlossen, wenn sie die Möglichkeit impliziert, dass nicht angeführte technische Mittel verwendet werden, oder wenn sie einen praktischen Nutzen hat (T 388/04).
In T 388/04 (ABl. 2007, 16) geht die Übermittlung von Informationen nach Meinung der Kammer ebenfalls nicht über eine geschäftliche Tätigkeit als solche hinaus, auch wenn zur Übermittlung technische Mittel eingesetzt werden könnten. Anderenfalls wäre keine Geschäftsmethode, die implizit mit einer durch technische Mittel ermöglichten Funktionalität arbeiten könnte, vom Patentschutz ausgeschlossen, was nach Ansicht der Kammer nicht im Sinne des Art. 52 (2) und (3) EPÜ 1973 sein kann. Die Kammer ist der Auffassung, dass Gegenstände oder Tätigkeiten, die nach Art. 52 (2) und (3) EPÜ 1973 vom Patentschutz ausgeschlossen sind, auch dann ausgeschlossen bleiben, wenn sie die Möglichkeit implizieren, dass nicht angeführte technische Mittel verwendet werden.
In T 384/07 umfasste das beanspruchte Verfahren Merkmale, welche die technischen Mittel zu dessen technischer Umsetzung betrafen, wie etwa ein Datenverarbeitungsterminal, das mit einem Netzwerk von Datenverarbeitungsterminals verbunden war. Somit handelte es sich nicht um ein Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten als solches, so dass es nicht nach Art. 52 (2) und (3) EPÜ 1973 von der Patentierung ausgeschlossen war.