2.1. Recht auf mündliche Verhandlung im Prüfungs-, Einspruchs- und Beschwerdeverfahren
Nach ständiger Rechtsprechung sieht das EPÜ das absolute Recht auf eine mündliche Verhandlung nach Art. 116 (1) EPÜ vor, aber kein Recht auf eine telefonische Unterredung oder auf eine formlose telefonische Rücksprache. Dies gilt sowohl für das Verfahren vor der Prüfungsabteilung (s. Kapitel IV.B.2.7. "Formlose Mitteilungen") als auch für das Verfahren vor den Beschwerdekammern (s. nachstehende Entscheidungen).
Eine Kammer ist nicht verpflichtet, den Beschwerdeführer im Rahmen eines Telefongesprächs mit dem Berichterstatter zu kontaktieren – sei es nach Zugang der Antwort auf die Ladung, in der der Beschwerdeführer den Wunsch zur Diskussion mit der Kammer geäußert hatte, oder am Tag der mündlichen Verhandlung (T 552/06, T 189/06, T 1984/07, T 578/14).
In T 263/07 hatte der Beschwerdeführer beantragt, der Berichterstatter der Kammer möge seinen Vertreter anrufen, um den Fall zu diskutieren, so dass die mündliche Verhandlung möglicherweise abgesetzt werden könne. Die Kammer stellte fest, es sei wichtig, dass sich der Fall allen Kammermitgliedern in gleicher Weise darstelle. Hätte eines der Kammermitglieder Kenntnis von Beweismitteln oder Argumenten, die den anderen nicht zugänglich wären, so würde dies gegen den Grundsatz der gemeinsamen Beschlussfassung verstoßen und im Widerspruch zu Art. 21 EPÜ 1973 stehen. Da die beantragte telefonische Rücksprache den Berichterstatter dazu veranlassen konnte, zu einer Frage Stellung zu beziehen, in der eine kollektive Entscheidung erforderlich war, oder die Kammer ohne vorherige Absprache zu binden, wurde der Antrag zurückgewiesen. S. auch T 1109/02, T 653/08, T 911/10. Bestätigt wurde dies in T 1251/08, wo die Kammer hinzufügte, sie wolle den Eindruck vermeiden, dass es für die Beteiligten in Ex-parte-Verfahren nie angebracht sei, den Berichterstatter telefonisch zu kontaktieren.
In T 1984/07 schloss die Kammer zwar nicht aus, dass ein Anruf unter bestimmten Umständen angemessen sein könne, beispielsweise wenn nur geringfügige Einwände verblieben, die durch simple Änderungen ohne Weiteres ausgeräumt werden könnten. Im vorliegenden Fall seien die Einwände jedoch derart, dass weitere Änderungen wahrscheinlich mehr als nur eine einfache Änderung des Anspruchswortlauts oder eine simple Anpassung der Beschreibung erfordern würden. Beispiele für Fälle, in denen der Berichterstatter den Anmelder telefonisch kontaktierte, sind T 329/90, T 182/90 (ABl. 1994, 641), T 594/94, T 931/99, T 845/10 und T 680/13.