3.4. Mikrobiologische Verfahren und daraus entstehende Produkte
R. 26 (6) EPÜ definiert ein "mikrobiologisches Verfahren" als jedes Verfahren, bei dem mikrobiologisches Material verwendet, ein Eingriff in mikrobiologisches Material durchgeführt oder mikrobiologisches Material hervorgebracht wird. Eine Interpretation dieser Definition im Rahmen einer Kammerentscheidung gibt es bislang noch nicht.
Nach T 356/93 (ABl. 1995, 545) bezieht sich der Begriff "mikrobiologische Verfahren" in Art. 53 b) EPÜ zweiter Halbsatz EPÜ auf Verfahren, in denen Mikroorganismen (oder Teile derselben) zur Herstellung oder Veränderung von Erzeugnissen verwendet oder für bestimmte Anwendungszwecke neue Mikroorganismen entwickelt werden. Als "mit Hilfe dieser Verfahren gewonnene Erzeugnisse" gemäß Art. 53 b) EPÜ zweiter Halbsatz EPÜ gelten demnach durch Mikroorganismen hergestellte oder veränderte Erzeugnisse sowie neue Mikroorganismen als solche. Nach der Definition der Kammer bezeichnet der Begriff "Mikroorganismus" nicht nur Bakterien und Hefen, sondern auch Pilze, Algen, Protozoen sowie menschliche, tierische und pflanzliche Zellen, also alle für das bloße Auge nicht sichtbaren, im Allgemeinen einzelligen Organismen, die im Labor vermehrt und manipuliert werden können; diesen sind auch Plasmide und Viren zuzurechnen.
Bei der Prüfung der Patentierbarkeit der beanspruchten pflanzlichen Gesamtheit behandelte die Kammer in T 356/93 auch die Frage, ob mehrstufige Verfahren zur Erzeugung von Pflanzen, die mindestens einen mikrobiologischen Verfahrensschritt umfassen, als Ganzes als "mikrobiologische Verfahren" angesehen und demzufolge die Erzeugnisse solcher Verfahren (z. B. Pflanzen) für die Zwecke dieser Bestimmung als "mithilfe dieser Verfahren gewonnene Erzeugnisse" gewertet werden können. Sie entschied, dass "technische Verfahren mit einem mikrobiologischen Verfahrensschritt" nicht einfach mit "mikrobiologischen Verfahren" gleichgesetzt werden können. Ebenso wenig können die aus solchen Verfahren hervorgehenden Endprodukte (z. B. Pflanzensorten) als "Erzeugnisse mikrobiologischer Verfahren" im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden.