5.2. Umkehr der Beweislast
In T 954/93 hatte der Beschwerdeführer (Einsprechende) Einwände gegen die Neuheit des Patents vorgetragen, die anhand von Experimenten hätten bewiesen werden müssen. Er hatte aber keinen einzigen Test vorgelegt und dies damit begründet, dass sie sehr teuer gewesen wären. Die Kammer betrachtete die Behauptung als nicht bewiesen und ließ keine Umkehr der Beweislast zu. Die Tatsache, dass Experimente sehr teuer seien, wälze nicht die Beweislast auf den Patentinhaber ab.
In T 453/04 war der Einspruch zurückgewiesen worden, d. h., die Einspruchsabteilung hatte die nach Art. 100 EPÜ geltend gemachten Gründe als nicht substantiiert angesehen. Die Kammer verwies auf die frühere Rechtsprechung in T 667/94, der zufolge in solchen Fällen die Beweislast beim Beschwerdeführer (Einsprechenden) verbleibt, der belegen muss, dass die Entscheidung der Einspruchsabteilung falsch war. Die Beweislast kehre sich nicht automatisch um, sodass der Patentinhaber in der Beschwerde nachweisen müsste, dass die Gründe für die Aufrechterhaltung des Patents gerechtfertigt waren.
In T 499/00 kann keine Umkehr der Beweislast zulasten des Patentinhabers stattfinden in Fällen, in denen – im Gegensatz zur Sachlage in T 585/92 – das Patent von der Einspruchsabteilung nicht wegen einer tatsächlich fehlenden Offenbarung der zur Ausführung des beanspruchten Gegenstands erforderlichen Informationen widerrufen wurde, sondern aufgrund von Überlegungen, die die Beschwerdekammer für unzutreffend erklärt hat.
T 55/18 ist ein Beispiel für einen Fall, in dem die Umkehr der Beweislast zwischen den Beteiligten strittig war. Die Einspruchsabteilung hatte den Patentinhaber als beweispflichtig angesehen und hatte in ihrer von dieser Beweislastverteilung ausgehenden Entscheidung nicht begründet, warum sie von den entsprechenden in der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen abgewichen war. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung war allein aus diesem Grund fehlerhaft. Die Kammer befand zudem, dass der Einwand des Beschwerdegegners (Einsprechenden) nicht durch überprüfbare Tatsachen substanziiert und er somit seiner Beweispflicht nicht nachgekommen war. Dass der Beschwerdeführer (Patentinhaber) in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung zwei pixelige und unscharfe Fotos vorgelegt hatte, enthob den Beschwerdegegner (Einsprechende) nicht seiner Beweispflicht. Im vorliegenden Fall hatte sich die Beweispflicht folglich nicht umgekehrt.