11.11. Teilweise Rückzahlung (50 %)
R. 103 (2) EPÜ in der am 13. Dezember 2013 geänderten Fassung (CA/D 16/13; ABl. 2014, A3) wurde durch den Beschluss des Verwaltungsrats vom 12. Dezember 2019 (CA/D 14/19; ABl. 2020, A5) mit Wirkung vom 1. April 2020 geändert. Die nachstehend dargelegten Entscheidungen betreffen R. 103 (2) EPÜ, wie sie vor dem 1. April 2020 in Kraft war. Sie unterscheidet sich von der gegenwärtigen R. 103 (3) EPÜ nur insofern, als die Frist nach R. 103 (3) a) EPÜ nunmehr "innerhalb eines Monats ab Zustellung einer von der Beschwerdekammer zur Vorbereitung [der] mündlichen Verhandlung erlassenen Mitteilung" lautet und nicht mehr "mindestens vier Wochen vor [dem Termin der mündlichen Verhandlung]".
Gemäß R. 103 (2) EPÜ (in der Fassung vor 1. April 2020) wurde die Beschwerdegebühr in Höhe von 50 % zurückgezahlt, wenn die Beschwerde zurückgenommen wurde: nach Ablauf der Frist nach R. 103 (1) b) EPÜ und mindestens vier Wochen vor dem Termin der mündlichen Verhandlung (sofern eine solche anberaumt war) oder vor Ablauf der Frist, die die Kammer dem Beschwerdeführer in einem Bescheid zur Einreichung einer Stellungnahme gesetzt hat. In dieser Fassung war die Vorschrift bis 1. April 2020 anzuwenden auf Beschwerden, die am 1. April 2014 anhängig waren, sowie auf Beschwerden, die nach diesem Tag eingelegt wurden; seitdem ist die gegenwärtige R. 103 EPÜ auf Beschwerden anzuwenden, die am 1. April 2020 anhängig waren, und auf Beschwerden, die nach diesem Tag eingelegt wurden.
In T 1086/09 stellte die Kammer fest, dass ein am 28. März 2014 eingegangenes Schreiben, wonach die Beschwerde "hiermit" zurückgenommen wird, bedeutet, dass die Beschwerde am 28. März 2014 zurückgenommen wurde und daher am 1. April 2014 nicht mehr anhängig war. In T 370/11 entschied die Kammer, dass der Anteil von 50 % auf der Grundlage der tatsächlich gezahlten Beschwerdegebühr zu berechnen ist und nicht auf der Grundlage der am Tag der Zurücknahme oder der Rückzahlung geltenden Gebührenhöhe.
In T 1402/13 vom 31. Mai 2016 date: 2016-05-31 befand die Kammer, dass nach R. 103 (1) b) EPÜ und R. 103 (2) EPÜ (in der Fassung vor 1. April 2020) die Beendigung eines Beschwerdeverfahrens aufgrund eines Rechtsverlusts wegen Nichtentrichtung von Jahresgebühren nicht mit einer Erklärung der Rücknahme der Beschwerde gleichgesetzt werden könne. Diese Auffassung wurde auch durch die Travaux préparatoires (CA/90/13 rev. 1) gestützt, nach denen ausdrücklich eine entsprechende Verfahrenserklärung des Beschwerdeführers erforderlich ist. Für das Entstehen des Rückzahlungsanspruchs nach R. 103 (2) EPÜ (in der Fassung vor 1. April 2020) musste der Beschwerdeführer zu einem Zeitpunkt, als seine Anmeldung noch anhängig war, eine Verfahrenserklärung abgeben, die keinen Zweifel daran lässt, dass die Beschwerde zurückgenommen werden soll. Da dies nicht geschah, wurde der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr abgewiesen.
In T 265/14 wurde die Beschwerde nach Ablauf der im ersten Bescheid nach R. 100 (2) EPÜ, aber vor Ablauf der im zweiten Bescheid der Kammer nach R. 100 (2) EPÜ gesetzten Stellungnahmefrist zurückgenommen. Die Kammer stellte fest, dass R. 103 (2) b) EPÜ (in der Fassung vor 1. April 2020) nicht so auszulegen sei, dass eine Rückzahlung der hälftigen Beschwerdegebühr nach Verstreichenlassen einer Stellungnahmefrist gemäß R. 100 (2) EPÜ endgültig ausgeschlossen wäre. Setzt die Kammer eine erneute Stellungnahmefrist, eröffnet sie vielmehr eine neue Möglichkeit, innerhalb dieser Frist mit gebührenreduzierender Wirkung die Beschwerde zurückzunehmen. Der Fall des Erlasses eines zweiten Bescheides nach R. 100 (2) EPÜ ist daher der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nach Verstreichen der in einem ersten Bescheid gesetzten Frist gleichzusetzen, die ebenfalls eine erneute Rückzahlungsmöglichkeit nach R. 103 (2) a) EPÜ (in der Fassung vor 1. April 2020) nach sich zieht. Die Kammer stellte fest, dass die Existenz der Rückzahlungsmöglichkeit in dieser Konstellation doch dafür spräche, die Gesamtregelung R. 103 (2) EPÜ (in der Fassung vor 1. April 2020) ihrem Ziel und Zweck nach im Sinne der weiten Auslegung zu verstehen, so dass beide Fallkonstellationen gleich behandelt werden können. Die Begründung der Entscheidung T 265/14 war auch für die Verfahren T 110/18 und T 2044/16 maßgeblich.
In T 683/14 beging die Prüfungsabteilung einen materiellrechtlichen und keinen verfahrensrechtlichen Fehler. Nachdem der Anmelder Beschwerde gegen die Zurückweisungsentscheidung eingelegt hatte, berichtigte die Prüfungsabteilung ihre Entscheidung. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr in Höhe von 50 % nach R. 103 (2) EPÜ (in der Fassung vor 1. April 2020) wurde mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Prüfungsabteilung mit der Berichtigung die angefochtene Entscheidung aufgehoben und der Beschwerde stattgegeben habe. Der Antrag des Anmelders auf Zurücknahme seiner Beschwerde war somit gegenstandslos, und ohne eine anhängige Beschwerde, die zurückgenommen werden könnte, findet R. 103 (2) EPÜ (in der Fassung vor 1. April 2020) keine Anwendung.
In T 1548/15 ordnete die Kammer die Rückzahlung der Beschwerdegebühr in Höhe von 50 % gemäß R. 103 (2) a) EPÜ (in der Fassung vor 1. April 2020) an. Die Zustimmung des Beschwerdeführers (Patentinhabers) zur Beendigung des Beschwerdeverfahrens gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent (gemäß R. 84 (1) EPÜ) zu widerrufen, nachdem es zwischenzeitlich in allen benannten Vertragsstaaten erloschen war, sei gleichbedeutend mit einer Zurücknahme der Beschwerde.