11. Rückzahlung der Beschwerdegebühr
Nach R. 103 (4) a) EPÜ wird, falls ein Termin für eine mündliche Verhandlung anberaumt wurde, die Beschwerdegebühr in Höhe von 25 % zurückgezahlt, wenn die Beschwerde später als einen Monat nach Zustellung einer Mitteilung der Beschwerdekammer zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung, aber vor Verkündung der Entscheidung in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen wird.
Nach R. 103 (4) b) EPÜ wird, falls kein Termin für eine mündliche Verhandlung anberaumt wurde und die Beschwerdekammer den Beschwerdeführer in einer Mitteilung zur Einreichung einer Stellungnahme aufgefordert hat, die Beschwerdegebühr in Höhe von 25 % zurückgezahlt, wenn die Beschwerde nach Ablauf der von der Beschwerdekammer für die Stellungnahme gesetzten Frist, aber vor Erlass der Entscheidung zurückgenommen wird.
In T 1369/18 hatte der Patentinhaber Beschwerde gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung eingelegt, wonach das Streitpatent auf der Basis des zweiten Hilfsantrags die Erfordernisse des EPÜ erfüllte. Auf die vorläufige Stellungnahme der Kammer hin nahm der Patentinhaber seinen (zusammen mit der Beschwerdebegründung eingereichten) Hauptantrag, das Patent in der ursprünglich erteilten Fassung aufrechtzuerhalten, zurück und beantragte als neuen Hauptantrag die Aufrechterhaltung des Patents in der von der Einspruchsabteilung zugelassenen geänderten Fassung. Die Kammer befand, dass der Patentinhaber damit de facto seine Beschwerde zurückgenommen hatte, bevor eine Entscheidung im Sinne der R. 103 (4) b) EPÜ erlassen wurde.
Nach R. 103 (4) c) EPÜ wird die Beschwerdegebühr in Höhe von 25 % zurückgezahlt, wenn ein etwaiger Antrag auf mündliche Verhandlung innerhalb eines Monats ab Zustellung einer von der Beschwerdekammer zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung erlassenen Mitteilung zurückgenommen wird und keine mündliche Verhandlung stattfindet.
In T 517/17 wurde die Erklärung des Beschwerdeführers, dass er nicht an der anberaumten mündlichen Verhandlung teilnehmen werde, als implizite Zurücknahme des Antrags auf mündliche Verhandlung für die Zwecke der R. 103 (4) c) EPÜ gewertet (s. auch T 202/18; s. T 1888/18 zur Rückzahlung nach einem Antrag auf Entscheidung nach Aktenlage). Eine andere Auslegung lautet, dass R. 103 (4) c) EPÜ nur anzuwenden ist, wenn der Beteiligte seinen Antrag auf mündliche Verhandlung explizit zurücknimmt (T 73/17, T 191/17 und T 2698/17). Siehe auch Kapitel III.C.4.3.1 "Grundprinzip: Antrag eines Beteiligten auf mündliche Verhandlung kann nur durch eine eindeutige gegenteilige Willenserklärung zurückgenommen werden" und III.C.4.3.2 "Ankündigung der Nichtteilnahme".
In T 1282/16 hatte der Beschwerdeführer nach der gemäß Art. 15 (1) VOBK 2020 erlassenen Mitteilung einen neuen Hauptantrag eingeführt und mitgeteilt, dass sein Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgezogen werde, "[s]ofern dem neuen Hauptantrag grundsätzlich stattgegeben werden kann". Da die Kammer den Hauptantrag als gewährbar erachtete, war die von dem Beschwerdeführer genannte Bedingung erfüllt. Deshalb war die Rücknahme seines Antrags auf mündliche Verhandlung am Datum des neuen Hauptantrages, was innerhalb eines Monats ab Zustellung der von der Kammer zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung erlassenen Mitteilung nach Art. 15 (1) VOBK 2000 lag, wirksam geworden.
In T 777/15 stellte die Kammer fest, dass ein Beschwerdeführer, der im Verfahren vor der Kammer keine mündliche Verhandlung beantragt hat, keinen Vorteil daraus ziehen darf, dass ein anderer Beteiligter seinen Antrag auf mündliche Verhandlung zurücknimmt. Für einen Beschwerdeführer, der keine mündliche Verhandlung beantragt hat, ist die Bedingung nach R. 103 (4) c) EPÜ, dass "ein etwaiger Antrag auf mündliche Verhandlung innerhalb eines Monats ab Zustellung einer von der Beschwerdekammer zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung erlassenen Mitteilung zurückgenommen wird", nicht allein deswegen als erfüllt anzusehen, weil ein anderer Beteiligter seinen Antrag fristgerecht nach R. 103 (4) c) EPÜ zurückgenommen hat (s. auch T 795/19). Dagegen entschied die Kammer in T 488/18, dass der Beschwerdeführer eine Rückzahlung erhalten könnte, obwohl er keine mündliche Verhandlung beantragt hat, wenn der Beschwerdegegner seinen Antrag auf mündliche Verhandlung innerhalb der Frist nach R. 103 (4) c) EPÜ zurückgenommen hat. Siehe auch T 598/19.
In T 1610/15 stellte die Kammer fest, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf mündliche Verhandlung fristgerecht zurückgenommen wurde. Nach Ansicht der Kammer wirkte sich die verspätete Rücknahme des Antrags auf mündliche Verhandlung des Beschwerdegegners II nicht nachteilig für den Beschwerdeführer aus. Nach dem Wortlaut von R. 103 (4) c) EPÜ sei es nicht Voraussetzung, dass alle vorliegenden Anträge auf mündliche Verhandlung innerhalb eines Monats ab Zustellung einer von der Beschwerdekammer zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung erlassenen Mitteilung zurückgenommen werden. Es reiche vielmehr aus, dass ein Antrag auf mündliche Verhandlung fristgerecht zurückgenommen werde, damit die erste Voraussetzung für eine anteilige Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß R. 103 (4) c) EPÜ erfüllt sei.
In T 2249/18 wurde die Entscheidung, eine mündliche Verhandlung abzuhalten, von der Kammer getroffen und nicht vom Beschwerdeführer beantragt. Für die Zwecke der R. 103 (4) c) EPÜ stellte die Kammer eine Analogie zwischen der vorliegenden Situation und dem Fall her, in dem ein Beschwerdeführer eine mündliche Verhandlung beantragt. Sie tat dies, weil sich die mündliche Verhandlung insofern erübrigt hatte, als der Beschwerdeführer einen Antrag einreichte, mit dem die Einwände der Kammer ausgeräumt wurden. Durch analoge Anwendung der R. 103 (4) c) EPÜ entschied die Kammer, dass die Beschwerdegebühr in Höhe von 25 % zurückzuzahlen war.
In T 1678/17 geschah der Antrag auf mündliche Verhandlung zwar nicht innerhalb eines Monats ab Zustellung einer von der Beschwerdekammer zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung erlassenen Mitteilung, doch im Hinblick auf die Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 1. Mai 2020 über Störungen aufgrund des Ausbruchs von COVID-19 (ABl. 2020, A60) und auf R. 134 (2) und (4) EPÜ hielt die Kammer die in R. 103 (4) c) EPÜ festgelegten Voraussetzungen für eine 25%ige Rückzahlung der Beschwerdegebühr für erfüllt.
- T 2361/18
Catchword:
If a request for oral proceedings is withdrawn after a date for oral proceedings has been set but before the notification of a communication issued in preparation for the oral proceedings, the withdrawal occurs "within one month of notification" for the purpose of Rule 103(4)(c) EPC.
- Sammlung 2023 “Abstracts of decisions”