3. Das Erteilungsstadium des Prüfungsverfahrens
In T 798/95 wurde der Erteilungsbeschluss für ein europäisches Patent von der Formalprüfungsstelle der Prüfungsabteilung bei der internen Poststelle des EPA zur Zustellung abgegeben. Der Antrag auf Änderung der Anmeldung gemäß R. 86 (3) EPÜ 1973 wurde um 18.47 Uhr des gleichen Tages eingereicht, das heißt nach Abschluss des Verfahrens. Unter Hinweis auf die Entscheidung G 12/91 (ABl. 1994, 285) entschied die Kammer, dass ein Änderungsantrag nach R. 86 (3) EPÜ 1973, der eingereicht wird, nachdem das Verfahren vor der Prüfungsabteilung durch einen Erteilungsbeschluss beendet wurde, auch dann unberücksichtigt bleiben muss, wenn die Antragstellung und der Abschluss des Verfahrens am selben Tag erfolgen. S. auch Richtlinien H‑II, 2.6 – Stand März 2022.
In T 646/20 stellte die Kammer in ihrem Orientierungssatz fest, dass nach der Erteilung keine weiteren Mitgliedstaaten benannt werden können. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung G 1/10 (ABl. 2013, 194) kam die Kammer zu dem Schluss, dass das Patent in der erteilten Fassung im Interesse der Rechtssicherheit nicht mehr geändert werden darf und dass dem Anmelder "angemessene Mittel zur Verfügung standen", um im Vorfeld Abhilfe zu schaffen. Nach Auffassung der Kammer oblag es dem Anmelder, die vollständige Akte zu überprüfen, um alle Unstimmigkeiten zu erkennen, auf die er gegebenenfalls aufmerksam machen wollte. Unstimmigkeiten, die die Fassung und die benannten Mitgliedstaaten in der Mitteilung nach R. 71 (3) EPÜ betreffen und nicht in Erwiderung darauf beanstandet wurden, sind als vom Anmelder gebilligt zu betrachten.