9.2. Der Aufgabe-Lösungs-Ansatz bei Mischerfindungen
In T 696/06 betraf die Anmeldung ein Datenverarbeitungssystem, das die Gegenüberstellung von Angebot und Nachfrage beim Transport von Reisenden oder Waren erleichtern sollte. Im Wesentlichen führte das System Geschäftsprozesse und Transaktionen durch, wie z. B. die Vermittlung von Angebot und Nachfrage, die typisch sind für einen Transportvermittler oder eine Frachtenbörse und die die Kammer für nichttechnisch befand.
In T 912/05 betraf die Anmeldung ein Postzustellungssystem, das Post auf physischem und/oder elektronischem Wege zustellen kann. Die Kammer befand, dass Verfahren zur Postzustellung als Erfindung zählen können, wenn sie "technische Mittel" beinhalten, was bei der Zustellung per E-Mail zutrifft.
- T 1806/20
Catchword:
Decision T 1194/97 established at point 3.3 of the reasons that data was functional if its loss impaired the technical operation of a system in which it was used. ...It is self-evident that if a piece, either technical or non-technical, of any invention is taken out, it would not work as designed. In the Board's view, what T 1194/97 is saying is rather that the loss of functional data would make the system inoperable at the technical level. In contrast, if cognitive data is lost, the system would still work but possibly produce results that would be unintended for non-technical reasons. (See point 3.8 of the reasons)
- T 1594/20
Zusammenfassung
In T 1594/20 bezweifelte die Kammer, dass überhaupt eine Simulation eines technischen Gegenstands vorlag. Eine mathematisch rechnerische Optimierung bewirke nicht zwangsläufig auch eine Simulation des zugrunde liegenden physikalischen Vorgangs (hier Warentransport), sondern es seien vom hier vorliegenden Anspruchsgegenstand auch rein deterministische mathematische Optimierungen umfasst. Die optimierte Aufteilung eines Kommissionierauftrags nach rein kaufmännischen Kostenbetrachtungen (z.B. break-even-point) sei ebenso umfasst wie mathematische Optimierungsalgorithmen analog zum bekannten travelling-salesman-problem. Dabei werden kognitive geschäftsbezogene Daten verarbeitet und es liegen keine technischen Überlegungen zugrunde, die zu einer erfinderischen Tätigkeit nach Art. 56 EPÜ beitragen könnten.
Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass mit dem beanspruchten Gegenstand eine Reduktion der Anzahl von Fahrten erreicht werde und damit eine Energieeinsparung verbunden sei. Die Kammer war davon nicht überzeugt. Eine geltend gemachte Energieeinsparung sei rein spekulativ und könne nicht ohne weiteres zur Annahme eines technischen Effekts führen. Dazu wäre erforderlich, dass ein solcher Effekt mit technischen Mitteln erreicht werde. Beim beanspruchten Gegenstand wäre eine Energieeinsparung (sofern tatsächlich erzielt) aber Folge einer rein organisatorischen oder algorithmischen Optimierung, die im Wesentlichen auf einer gedanklichen Tätigkeit basiere. Daraus könne kein technischer Effekt zur Berücksichtigung einer erfinderischen Tätigkeit abgeleitet werden. Die Kammer stimmte daher der angefochtenen Entscheidung zu, dass die objektive technische Aufgabe darin bestand, das mathematische Verfahren zur Warenkommissionierung, welches vom Geschäftsmann der Logistik als Spezifikation vorgegeben wurde, auf einem Computersystem zu implementieren. Bei der Implementierung sah die Kammer keinen technischen Effekt, welcher über die reine Automatisierung hinausging.