5.4. Einmaliges Versehen in einem zuverlässigen System zur Fristenüberwachung oder zur Abwicklung der Post
In T 447/00 und T 448/00 war die Kammer nicht davon überzeugt, dass der Ansatz des erstinstanzlichen Organs, dass das eingeräumte Bestehen von vier Versehen in Bezug auf denselben Verfahrensakt per Definition nicht als "einmalig" eingestuft werden konnte, die im Zusammenhang mit Art. 122 (1) EPÜ 1973 zu prüfenden Fragen hinreichend berücksichtigte. Die Kammer wies darauf hin, dass die Rechtsprechung der Beschwerdekammern, die sich auf ein "einmaliges Versehen in einem ansonsten zuverlässigen System" bezieht, normalerweise nicht verlangt, dass sich nur ein "einziges" Versehen in Bezug auf einen Fall ereignet hat, in dem eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt wurde. Es sei nicht ausgeschlossen, dass eine Kette von Versehen unter bestimmten Umständen als "einmalig" einzustufen sei.
In T 808/03 vom 12. Februar 2004 date: 2004-02-12 befand die Kammer, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um ein "einmaliges Versehen einer ansonsten zuverlässigen Person" handle, da der verantwortlichen Person bei der Bearbeitung einer Erinnerung des Fristenüberwachungssystems ein zweiter Fehler unterlaufen sei. S. auch T 1149/11, T 1325/15.
In T 1325/15 argumentierte der Beschwerdeführer, dass bei einem System mit Kontrollmechanismus jedes einzelne Versehen erkannt werde und der Ausdruck "ein einmaliges Versehen" daher so aufzufassen sei, dass er mehr als ein Versehen umfasst. Im vorliegenden Fall wurde die Versäumung der Frist für die Einreichung der Beschwerde durch eine Kette einmaliger Versehen verursacht, und der Beschwerdeführer machte geltend, dass das Erfordernis der gebotenen Sorgfalt somit erfüllt wurde. Die Kammer wies das Vorbringen des Beschwerdeführers zurück; das Vorhandensein eines zuverlässigen Systems entbinde einen Vertreter nicht von seiner Pflicht, bei der Ausführung der Verfahrensschritte, die Bestandteil eines solchen Systems sind, die nach den gegebenen Umständen gebotene Sorgfalt zu beachten.
In T 1815/15 unterlief dem ersten Mitarbeiter (einem Rechtsanwaltsgehilfen) ein Fehler, als er die nach R. 82 (3) EPÜ erforderliche Zuschlagsgebühr übersah und in der Überschrift des Begleitschreibens an das EPA einen falschen Absatz der R. 82 EPÜ angab. Die Kammer war der Ansicht, dass die Anwaltskanzlei, die den Patentinhaber vertrat, über ein Überwachungssystem verfügte, das diese Art von Fehler normalerweise erkannte. Daher kann der Fehler des zweiten Mitarbeiters beim Vergleich der Mitteilung des EPA mit den Maßnahmen des ersten Mitarbeiters als ein einmaliges Versehen des zweiten Mitarbeiters eingestuft werden, das die Kammer einem persönlichen und einmaligen Fehler in einem System zuschrieb, das solche Mängel normalerweise verhindern sollte.
In T 1214/20 waren eine Reihe von Missverständnissen und Irrtümern aufgetreten. Die Kammer stellte fest, dass mindestens drei Gelegenheiten versäumt wurden und es schon deshalb nicht möglich war, von einem einmaligen Versehen in einem ansonsten zuverlässigen Überwachungssystem zu sprechen. Auch war im IKT-System des Vertreters keine unabhängige Gegenkontrolle vorgesehen.