4. Rechtswirkung von Berichtigungen nach R. 140 EPÜ
In T 425/97 stellte die Kammer in Anlehnung an die Entscheidung G 8/95 (ABl. 1996, 481) betreffend den Anwendungsbereich der R. 89 EPÜ 1973 (R. 140 EPÜ) fest, dass der Unterschied zwischen einer Beschwerde gegen eine Entscheidung und einem Antrag auf Berichtigung einer Entscheidung in dem Umstand gesehen werden kann, dass sich der Rechtsbehelf im ersten Fall gegen den Inhalt und im zweiten Fall gegen die Form der Entscheidung richtet. Ähnlich entschied die Kammer auch in der – ebenfalls vor G 1/10 ergangenen – Entscheidung T 1093/05 (ABl. 2008, 430). Dort stellte die Kammer fest: Ergeht ein fehlerhafter Erteilungsbeschluss, so hat der Patentinhaber im Einzelfall sorgfältig zu prüfen, worin der Fehler liegt und welcher Weg geeignet ist, ihn zu beheben. Liegt der Entscheidung über die Patenterteilung ein wesentlicher Verfahrensmangel zugrunde, so kann dies nur im Rahmen einer Beschwerde behoben werden.
In T 1869/12 urteilte die Kammer wie folgt: Bei Verfahrensmängeln im Erteilungsverfahren kann deren Berichtigung nur über eine Beschwerde gegen den Erteilungsbeschluss erreicht werden. Eine Berichtigung der veröffentlichten europäischen Patentschrift oder des Erteilungsbeschlusses kann nicht zugelassen werden, wenn die Patentschrift der wahren Absicht der Prüfungsabteilung bei der Erteilung des Patents entspricht.
In T 1869/12 legte der Beschwerdeführer (Anmelder) Beschwerde ein gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, den Antrag auf Berichtigung der veröffentlichten europäischen Patentschrift zurückzuweisen. Ziel der Beschwerde war, durch die Berichtigung des Erteilungsbeschlusses zu erreichen, dass das Patent den Anspruchssatz enthält, den die Prüfungsabteilung in einer Mitteilung nach R. 71 (3) EPÜ vorgeschlagen hatte, allerdings mit den später vom Beschwerdeführer vorgeschlagenen inhaltlichen Änderungen. Die Kammer berief sich in ihrer Entscheidung auf G 1/10 und stellte außerdem fest, dass dem Antrag des Beschwerdeführers auch deshalb nicht stattgegeben werden konnte, weil klar war, dass die Prüfungsabteilung beabsichtigte – und auch an dieser Absicht festhielt –, das Patent mit den von ihr selbst vorgeschlagenen Ansprüchen zu erteilen. Daher hätte der Beschwerdeführer gegen den Erteilungsbeschluss Beschwerde einlegen sollen.