2.2.5 Auslegung und Berichtigung von Abbuchungsaufträge
Dieser Abschnitt wurde aktualisiert, um die Rechtsprechung und Gesetzänderungen bis 31. Dezember 2023 zu berücksichtigen. Die vorherige Version dieses Abschnitts finden Sie in "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", 10. Auflage (PDF). |
In der frühen Entscheidung T 170/83 (ABl. 1984, 605 – s. oben) ging die Kammer davon aus, dass – weil die Führung des laufenden Kontos nicht Bestandteil des Erteilungs- oder Einspruchsverfahrens ist – die in R. 88 Satz 1 EPÜ 1973 (vgl. R. 139 Satz 1 EPÜ) enthaltenen Berichtigungsbestimmungen in diesem Bereich nicht anwendbar seien. Die Bewirkung einer Zahlung sei ein tatsächlicher Vorgang, nämlich dass dem EPA zum maßgebenden Zeitpunkt ein bestimmter Betrag verfügbar gemacht werde (Art. 9 (1) Satz 1 GebO 1973; vgl. jetzt Art. 8 Satz 1 GebO). Eine ähnliche Schlussfolgerung wurde in T 152/85 (ABl. 1987, 191) gezogen. Jedoch wurde R. 139 Satz 1 EPÜ in späteren Entscheidungen sehr wohl angewandt, um einen Fehler in Abbuchungsaufträgen zu berichtigen, nachdem in Nummer 5 (jetzt Nr. 7) VLK strengere Bedingungen für die Erteilung von Abbuchungsaufträgen eingeführt wurden (s. z. B. T 130/19, T 317/19, T 1000/19 und T 1146/20). R. 139 Satz 1 EPÜ kam außerdem im Kontext von Abbuchungsaufträgen zur Anwendung, in denen versehentlich die ermäßigte und nicht die volle Beschwerdegebühr angegeben war (s. z. B. J 8/19, T 2620/18, T 3098/19, T 444/20, T 1678/21, T 1538/19 und Kapitel V.A.2.5.4).
In T 71/21 hatte der Beschwerdeführer (Einsprechende) innerhalb der Beschwerdefrist den Versuch unternommen, die Beschwerdegebühr durch die Einrichtung eines automatischen Abbuchungsverfahrens zu entrichten. Dies konnte nicht zum Erfolg führen, weil es sich um eine im Online-Zahlungssystem für Einsprechende unzulässige Zahlungsart handelte (s. auch dieses Kapitel III.U.2.2.4). In Anwendung von R. 139 EPÜ kam die Kammer zu dem Schluss, dass unter Berücksichtigung der Prinzipien gemäß G 1/12, eine rückwirkende wirksame und fristwahrende Korrektur der Zahlungsmethode nicht möglich war. Der Kammer zufolge ergab sich sowohl aus der Beschwerdeschrift als auch dem Formblatt 1038 aus objektiver Sicht angesichts des gewählten Wortlauts die klare und eindeutige Absicht des Beschwerdeführers, die Beschwerdegebühr im Wege des automatischen Abbuchungsverfahrens zu entrichten. Dass dieses Abbuchungsverfahren dem Beschwerdeführer als Zahlungsmethode nicht zustand und er somit eine untaugliche Methode gewählt hatte, hatte keinen Einfluss auf die objektiv erkennbare Eindeutigkeit dieser Absicht.
Die Kammer in T 1678/21 befand, dass die vier Kriterien für die Beurteilung, ob einem Antrag auf Berichtigung gemäß R. 139 EPÜ eines beim EPA eingereichten Schriftstücks stattgegeben werden kann, die Grundsätze a bis c aus G 1/12 (s. Nr. 37 der Entscheidungsgründe) nebst einem weiteren Kriterium d seien, nämlich dem Abwägen zwischen dem öffentlichen Interesse an Rechtssicherheit und den Interessen des Beteiligten, der die Berichtigung beantragt, wobei die relevanten Faktoren des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. In der Regel seien die Kriterien a bis d in der Reihenfolge c, a gegebenenfalls mit b und d zu beurteilen. In der vorliegenden Sache befand die Kammer, dass die in diesem Fall geltenden Kriterien für die Berichtigung erfüllt waren (s. auch T 1678/21 vorstehend in diesem Kapitel III.U.2.2.5 a) i)).
Die Kammer in T 3098/19 hielt fest, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Frage, ob ein Berichtigungsantrag unverzüglich gestellt wurde, nur der Tag sein kann, an dem der Fehler von der maßgeblichen Person entdeckt wurde (s. auch J 1/20 und T 1678/21). Da der Beschwerdeführer den Antrag unmittelbar stellte, nachdem das EPA ihn auf die Zahlung der ermäßigten Beschwerdegebühr hingewiesen hatte, betrachtete die Kammer das Kriterium von G 1/12 als erfüllt.
Siehe auch T 1474/19, dieses Kapitel III.U.2.2.5 a) i).