2.4.3 Verfahrensrechtliche Stellung der Beteiligten
In der G 1/13 (ABl. 2015, A42) zugrunde liegenden Sache hatte ein Unternehmen Einspruch eingelegt, das später gemäß dem maßgeblichen nationalen Recht in jeder Hinsicht aufgehört hatte zu existieren. Später wurde das Unternehmen aber nach einer Vorschrift des maßgeblichen nationalen Rechts wieder ins Handelsregister eingetragen und galt nach dieser Vorschrift als fortgeführt, als sei es nie aufgelöst worden. Die Große Kammer befand, dass das EPA die Rückwirkung dieser Vorschrift des nationalen Rechts anerkennen muss. Wenn also fristgerecht eine wirksame Beschwerde im Namen des nicht existierenden Einsprechenden eingelegt wird und dieses Unternehmen nach Ablauf der Frist für die Einlegung der Beschwerde nach Art. 108 EPÜ rückwirkend wieder ins Handelsregister eingetragen wird, muss die Beschwerdekammer die Beschwerde als zulässig behandeln. Die Große Beschwerdekammer nahm Bezug auf den eindeutig im EPÜ verankerten Grundsatz, wonach auf der Grundlage des nationalen Rechts festzustellen ist, ob eine juristische Person noch existiert und handlungsfähig ist. Darüber hinaus hat das EPA auch hinsichtlich des fiktiven rückwirkenden Bestehens einer juristischen Person das nationale Recht zu befolgen. Damit wird lediglich der allgemeine Grundsatz angewandt, dass solche Fragen ausschließlich in den Bereich des nationalen Rechts fallen.
In T 796/12 erhob der Patentinhaber den Einwand, dass das Unternehmen Z, das als Beschwerdeführer (Einsprechender) registriert war, vor Einlegung der Beschwerde durch ein Insolvenzverfahren aufgelöst worden sei. Somit habe der Einsprechende vor Beschwerdeeinlegung aufgehört, als juristische Person zu existieren, und könne nicht Beschwerde einlegen oder beschwerdeführende Partei im Einspruchsbeschwerdeverfahren sein. Die Kammer erklärte: Ob ein Einsprechender in einem laufenden Einspruchsbeschwerdeverfahren wirksam als juristische Person gelten und in diesem Verfahren handeln kann, richtet sich nach dem nationalen Recht des Staates, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat (s. G 1/13, ABl. 2015, A42); im vorliegenden Fall war dies Deutschland. Nach deutschem Recht kann sogar ein aus dem Handelsregister gestrichenes Unternehmen rechtswirksam Verfahrenshandlungen vornehmen und z. B. Klage einreichen, wenn der Streit in irgendeiner Form von wirtschaftlichem Interesse ist. Die Kammer befand daher, dass der Einsprechende auch nach seiner Streichung aus dem Handelsregister rechtswirksam Beschwerde einlegen konnte.