4.4. Chirurgische Verfahren
In G 1/07 (ABl. 2011,134) kam die Große Beschwerdekammer zu dem Schluss, dass weder die Rechtsgeschichte noch Ziel oder Zweck der Ausnahmebestimmungen in Art. 53 c) EPÜ es rechtfertigen würden, den Begriff "chirurgische Behandlung" auf eine chirurgische Heilbehandlung zu beschränken (in Abkehr von T 383/03). Eine solche Beschränkung ließe sich weder mit dem landläufigen Verständnis des Wortes "chirurgisch" welches eher das Wesen der Behandlung als ihren Zweck bezeichnet, vereinbaren noch mit der Tatsache, dass in Art. 53 c) EPÜ drei separate, alternative Ausschlüsse definiert werden, was darauf hindeutet, dass diese in ihrer Reichweite nicht einfach deckungsgleich sind. Der Vergleich zwischen T 383/03 und T 1172/03 zeigt, so die Große Beschwerdekammer in G 1/07, wie uneinheitlich die Entscheidungen ausfallen könnten, wenn man den Begriff "chirurgische Behandlung" auf therapeutische chirurgische Behandlungen beschränkt. Der Begriff "chirurgische Behandlung" ist also nicht dahin gehend auszulegen, dass er auf chirurgische Verfahren beschränkt ist, die einem therapeutischen Zweck dienen (G 1/07). Nach den Richtlinien (Richtlinien G‑II, 4.2.1.1, Stand März 2022) kennzeichnet der Begriff "Chirurgie" auch nicht den Zweck, sondern die Art der Behandlung.