3.3.2 Im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen
In T 1729/06 betraf die Erfindung die Erzeugung von Wassermelonen, insbesondere von kernlosen Wassermelonen. Die beanspruchte Verwendung und die beanspruchten Verfahren betrafen die Bestäubung der sterilen weiblichen Blüten der triploiden Pflanzen mit dem Pollen der diploiden Bestäuberpflanze. Sie betrafen nicht die geschlechtliche Kreuzung des gesamten Genoms zweier Pflanzen (mit Meiose und Befruchtung) und die anschließende Selektion von Pflanzen. Nach Überzeugung der Kammer handelte es sich daher bei der anspruchsgemäßen Verwendung und den anspruchsgemäßen Verfahren nicht um solche Verfahren, die gemäß den Entscheidungen G 2/07 (ABl. 2012, 130) und G 1/08 (ABl. 2012, 206) der Großen Beschwerdekammer unter den Patentierungsausschluss von "im Wesentlichen biologischen Verfahren zur Züchtung von Pflanzen" fallen.
Die Kammer merkte an, dass die Große Beschwerdekammer in ihren Entscheidungen nicht den Gegenstand umfassend und erschöpfend definiert habe, für den der Patentierungsausschluss nach Art. 53 b) EPÜ bei Pflanzenerfindungen gilt. Daher sei zu prüfen, ob die beanspruchten Verwendungen und Verfahren in Anbetracht des in Art. 53 b) EPÜ verankerten Verfahrensausschlusses aus anderen Gründen von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sind.
Nach Auffassung der Kammer ist dies nicht der Fall. Es sei nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen, mit Art. 53 b) EPÜ eine ganze Klasse von Erfindungen von der Patentierbarkeit auszuschließen, nämlich gartenbauliche oder landwirtschaftliche (agronomische) Verfahren, zu denen die beanspruchten Verwendungen und Verfahren zweifellos gehörten. Bei der Ausarbeitung des EPÜ 1973 (und des EPÜ 2000) habe der Gesetzgeber lediglich die – damals herkömmlichen – von Pflanzenzüchtern zur Gewinnung neuer Pflanzensorten angewandten Verfahren ausschließen wollen, für die das UPOV-Übereinkommen ein eigenständiges Schutzrecht zur Verfügung stellt, sowie im Wesentlichen gleichartige Verfahren.
Die beanspruchten Verwendungen und Verfahren sind somit nicht nach Art. 53 b) EPÜ von der Patentierbarkeit ausgenommen; vielmehr handelt es sich dabei um nach R. 27 c) EPÜ patentierbare "technische Verfahren".